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Alleinsamkeit

Der schmale Grat zwischen Neid und Bewunderung lädt förmlich zum Straucheln ein.
Ich habe mir abgewöhnt Menschen um Charakterzüge, Aussehen und Fähigkeiten zu beneiden, als ich merkte, dass der beständige Vergleich mit anderen Menschen mir mehr schadete als nützlich war.

Das Beneiden führte nahezu immer dazu, mich selbst zunehmend unzulänglicher zu fühlen.
Also begann ich, den Blick darauf zu richten, was ich lernen kann von jenen Menschen, die ich einst beneidete.

Neid ging nahtlos in Bewunderung über, manchmal auch in Staunen über die Fähigkeiten und Talente anderer Menschen.

Neulich sagte mir jemand, er beneide mich.
Ich war sehr erstaunt.
Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, irgendjemand könne mich um irgendetwas beneiden.

"Ich beneide Dich um Deine Trennung! Ich wünschte, ich stünde an Deiner Stelle!"

Es trennt sich nicht so leicht.
Das ist mein Fazit der letzten Wochen und der vergangenen zweieinhalb Jahre.
Alles braucht Zeit.

Zu beneiden heißt auch, sich selber in eine Passivität zu drängen. So zumindest habe ich es erlebt.
Schwieriger ist es, sich selbst auf den Weg zu machen.


Das Vergleichen mit anderen Menschen, in gänzlich anderen Lebenssituationen, mit anderen Ausgangslagen, Fähigkeiten, Talenten und Lebenswelten führt unweigerlich dazu, dass man den Blick für das eigene Leben verliert. Die eigene Wertschätzung droht, abhanden  zu kommen.

Die Tatsache, dass mich wer um irgendetwas beneidet hat mir auch nocheinmal bewusst gemacht, wie sehr Inneres und Äußeres sich unterscheiden.
Oder anders gesagt, wie gut, dass man die Fähigkeit besitzt, das Innere nicht zwingend nach außen sichtbar zu machen.

Es gibt keinen Grund, mich zu beneiden.
Wie jeder andere Mensch gehe ich meinen Lebensweg, mal strauchelnd, mal zögerlich, mal mutig und zielstrebig.

Der Punkt, die Trennung betreffend ist doch der: Die Angst, vor dem Alleinsein. Die Angst davor, etwas aufzugeben, was man nie wiedererlangen wird.
Dass das Alleinsein eine derartige Angst erzeugen kann, das schrieb ich neulich schon, empfinde ich als erschreckend.

Kraft aus sich selbst zu ziehen, sich selbst zu genügen ist offensichtlich eine verloren gegangene oder wenig geschätzte Fähigkeit in der heutigen Zeit.
Darüber hatte ich mir vor meiner Trennung nie Gedanken gemacht.

Sorgen hatte ich natürlich, aber die bezogen sich niemals auf das Alleinsein. Mehr darauf, was alleine zu bewältigen und zu schaffen ist.Ich genüge mir durchaus.
Das mag daran liegen, dass ich ein derart komplizierter Mensch bin, dass meine verworrenene Gedankengänge mich hin und wieder gänzlich auslasten.
Das Definieren über einen Partner finde ich nicht nur befremdlich, ich empfinde es der eigenen Person gegenüber sogar als unfair.

Anders sieht es hingegen mit Freundschaften aus. Sich selbst zu genügen birgt die Gefahr, sich irgendwann gedanklich im Kreise zu drehen.
Deshalb bin ich unendlich froh, Menschen um mich zu haben, die für mich da sind, die mir helfen, mir ihr Ohr leihen, mir aber  - durchaus berechtigt - auch mal den Kopf zu waschen.

Ohne diese Menschen würde das Alleinsein sehr schnell in eine Alleinsamkeit umschlagen.
Und Alleinsamkeit ist der erste Schritt zur Einsamkeit - ein Zustand, der nicht nur krankmachend sein kann, sondern weitaus mehr Übel verursachen kann.


Ich möchte auch gar nicht beneidet werden. Das hebt eine Situation auf einen unangemessenen Podest. Damit fühle ich mich unwohl.

Die Menschen, deren Fähigkeiten und Talente ich bewundere, bereichern allesamt auf die ein oder andere Weise mein Leben.
Ich kann ihnen zuschauen, sie beobachten, ihnen zuhören, mit ihnen lachen, leben, sie liebhaben. Und ich kann so viel von ihnen lernen - ohne jemals wie sie zu sein.

Es gibt sehr viel für mich zu lernen.
Jetzt, in dieser neuen Lebenssituation.

Aber auch zuvor.

Ohne eine wirklich wichtige Freundin, wäre mein Weg nicht der Weg gewesen, den ich nun gegangen bin und gehen konnte.
Manchmal habe ich das Gefühl, in den vergangenen fünf Jahren mehr gelernt zu haben, als in all den Jahren zuvor.
Auch mehr über mich selbst.

Aber natürlich kenne ich das Gefühl, was einen überkommt, wenn es einem anderen Menschen - möglicherweise einem fremden - gelingt, die eigenen  Gefühle in Worte, Musik oder Bildnissen umzusetzen, dass man staunend davor steht und sich untalentiert, klein und unfähig vorkommt, angesichts des Talentes und der Fähigkeiten des anderen.

Machnmal hilft es, sich dann an diesen Worten, Texten und Musikstücken zu erfreuen und das davon mitzunehmen, was für den eigenen Lebensweg prägend und hilfreich ist.

"Du musst mich nicht beneiden!", war meine Antwort. "Wenn Du auch nur annähernd wüsstest, was für ein chaotischer und innerlich verknoteter Mensch ich bin, würdest Du Dich niemals an meine Stelle wünschen!"

Man glaubte mir nicht.
Das ist das Schwierige an der Wahrheit.
Sie tarnt sich manchmal als Understatement.

Aber es ist nur Tarnung.
Die fliegt schneller auf, als man denken kann.....

augenBloglich 25.01.2015, 21.01

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von angelface

Applaus von mir!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
von und @ angelface....

vom 03.11.2018, 09.15
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Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25