Ausgewählter Beitrag
10,1 Kilo und niemand sieht es
Wahrscheinlich ist es Sucht.
Ansonsten ist es mir unbegreiflich, warum jeder Tag ein Kampf ist.
Ich habe keinen Hunger. Das ist es nicht.
Ich kämpfe gegen diese unersättliche Gier nach Süßigkeiten.
Natürlich weiß mein Kopf, dass das krank ist.
Ebenso ist mir bewusst, dass ich diese Süßigkeiten nicht brauche.
Dennoch ist es Kampf.
Vielleicht lässt sich das am ehesten vergleichen mit dem Wunsch nach einer Zigarette, wenn man mit dem Rauchen aufgehört hat?
Ich habe nie geraucht, stelle mir das Gefühl aber ähnlich vor.
Die Tage verinnen momentan zu schnell.
Beruflich bin ich arg eingespannt und innerhalb der Familie ist auch immer etwas los.
Mir bleibt kaum Zeit, groß über das Abnehmen nachzudenken, zu sinnieren, Pläne zu schmieden.
Mittlerweile habe ich 10.1 Kilo abgenommen.
Für die wenigen Wochen ein erstaunliches Resultat, mit dem ich so nicht gerechnet hatte.
Und das, obwohl ich durchaus so manchen Kampf gegen meine innere Gier verliere.
Zurück bleibt stets der schale Geschmack der Disziplinlosigkeit.
Die Gedanken drehen sich sehr schnell im Kreis. Einmal zu einer Süßigkeit gegriffen, bin ich mir plötzlich - von einer Minute zur anderen - ganz sicher, dass ich eigentlich doch gar nicht abnehmen muss.
Ich meine, ich habe eine Familie und Freunde, die mich so lieben wie ich bin.
Ich habe Erfolg im Beruf - geht es mir nicht gut?
Und so schlimm sieht man mit 30 Kilo Übergewicht doch gar nicht aus, oder?
Komm, den einen kannst Du noch, kannst ja morgen weniger essen.....
Der Punkt nur ist: Mir geht es deutlich besser mit jedem Kilo weniger.
Ich fühle mich deutlich besser mit jedem Gramm, dass die Waage weniger Zeit.
Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Hosen anfangen zu schlabbern und nichts mehr am Bauch kneift.
Abnehmen, das ist für mich die Steigerung meiner Lebensqualität und dennoch bleibt es Kampf.
Es hat sich eingependelt, dass ich drei- bis viermal in der Woche zum Sport gehe.
Zeit, die mir natürlich an anderer Stelle fehlt.
Und dennoch habe ich mich in den wenigen Wochen bereits daran gewöhnt und die Sportzeit zu schätzen gelernt.
Zeit, die ich für mich und meine Gedanken habe.
Zeit, in der ich mich nicht um andere sorgen muss, in der ich nicht hektisch von einer Organisiererei in die nächste verfalle.
Zeit nur für mich.
Ich mag den Sport nach wie vor nicht.
Die Geräte sind immer noch meine Feinde. Nicht alle, aber einige.
Die Bauchmuskelübungen quälen mich, weil ich sie nie gebraucht habe, diese Muskeln und sie nun jämmerlich aufschreien.
Ich absolviere brav meine Trainingsrunde und belohne mich jedesmal mit dem Gang in die Sauna.
Dort kann ich herrlich entspannen, abschalten, zur Ruhe kommen.
10,1 Kilo sind eine Menge Masse, doch niemand scheint es zu sehen.
Ich warte immer noch auf den Augenblick, in dem jemand die entscheidend motivierenden Worte zu mir sagt: "Mensch, hast du abgenommen?"
Doch vielleicht bedarf das erst zehn weiterer Kilos.
Ich bleibe am Ball.
Der Kampf geht weiter.
Warte mal ab, bis Du jemanden triffst, der Dich eine Weile nicht gesehen hat - da fällt es eher auf.
vom 23.02.2009, 15.18