Ausgewählter Beitrag
Ich sah heute ein Foto von mir. Irgendwer hatte es gemacht und zeigte es mir unvorbereitet. Lange Zeit hielt ich es einfach nur in der Hand und war erschüttert darüber, wie wenig meine Innenwelt nach außen zu gelangen scheint. Es kam mir vor, als sei das nicht ich dort auf dem Bild. Ich sah nur die Hülle um mein "ich", den Mantel, den Schutzwall, das Verdeckende. Es schien, als hätte mir irgendwer einen faden, wabernden Umhang umgestülpt, unter dem man mein wahres "ich" nur vermuten kann.
Ich betrachtete das Foto, als sähe ich jemand Fremden. Jemand, der ganz sicher nichts mit mir und meiner Person zu tun hat, jemand, der nicht wild ist und nicht albern. Jemand, der nicht lebensfreudig, lebenshungrig, lebensbejahend ist. Jemand, der meine Innenwelt in keinster Weise nach außen sichtbar werden lässt.
Eine schauderhafte, erschreckende und nahezu beklemmende Erkenntnis. Nüchtern betrachtet führt dies natürlich nur auf eines zurück: das Dicksein!
Das in Kopf und Herz anders sein, als der Körper repräsentiert. Das Nichtzusammenpassen von Außen- und Innenwelten.
Und natürlich war ich es auf dem Foto. Jedem, den ich es zeigen würde und der mich kennt würde die Frage nach dem "Wer ist das?" ganz selbstverständlich mit: "Na, du!" beantworten. Wahrscheinlich sogar gänzlich ohne Hintergedanken, denn es mag ja durchaus sein, dass andere die Kluft zwischen meinen beiden Welten gar nicht als solche empfinden. Und genau das ist auch richtig, denn ansonsten wäre meine Wirkung auf Mitmenschen niemals authentisch.
Es macht mich ein wenig ärgerlich, dass mir die passenden Worte fehlen, um auszudrücken, was ich meine. Um bildhaft zu machen, welche Welten nicht nach außen dringen, welche Lichter innen strahlen, deren Glanz die Dichte des Umhangs abfängt.
Mir sagte mal jemand ungefähr so etwas wie: "Du bist eben Du. So wie Du bist. Und wenn ich mit dir rede, dann rede ich nicht mit einem dicken Menschen, sondern mit dir." Was weiß ich von dem, was andere empfinden ? Denke ich mir mein Äußeres für andere zu wichtig ?
Es würde mir einfach Spaß machen, äußerlich zeigen zu können wie ich innerlich bin. Das letzte Mal, als ich dies rücksichtslos tat, hingebungsvoll tat, authentisch tat war in der Pubertät. Heute schwappt mein Äußeres eben einfach mit, muss sich in die mitunter rasanten Kurven meines Lebens werfen und zusehen wie es klar kommt.
Manchmal ist das meinem inneren "ich" verdammt lästig.
augenBloglich 04.11.2004, 21.34
i"Es würde mir einfach Spaß machen, äußerlich zeigen zu können wie ich innerlich bin."/i
Oh Gott, wie oft habe ich diesen Satz gedacht und noch viel öfter gewünscht... Wenn ich heute Bilder von meinem früheren Ich sehe, glaube ich auch kaum, dass DAS da auf dem Foto mal ich gewesen bin...25 Kilo schwerer ! Also...ich kann ganz genau nachfühlen, wie es dir geht...
lieben Gruß
Sabrina
vom 06.11.2004, 05.13