Ausgewählter Beitrag
Muttersein ist anders
Bevor ich Mutter geworden bin, war ich eine perfekte und mit festen Grundsätzen behaftete Theoretikermutter. Ich gehörte zu jenen Frauen, die anderen Müttern kritisch zusahen und alles besser wussten, alles anders, alles besser, alles pädagogisch sinnvoller machen würden.
Natürlich würden meine eigenen Kinder später niemals so etwas Hirnloses wie Teletubbies schauen dürfen - dachte ich damals naiv - noch nicht wissend, wie kostbar die 20 Minuten sonntägliche Vormittagsruhe einst für mich sein würden.
Ich hatte auch konkrete Vorstellungen über das Schnullern und Nichtschnullern, das Erziehen überhaupt und das Muttersein in Gänze.
Ich irrte total.
Aber sowas von total.
Muttersein ist anders.
Und Muttersein ist schwierig..
Es fing damit an, dass mit einem Male ein kleines Wesen über mich und meinen Körper bestimmte. Gleichzeitig musste ich beginnen, für zwei Wesen zu denken.
Ich fühlte mich schlagmals fremdbestimmt. Mein Kind hatte Hunger und mein Körper musste zur Stelle sein. Unabhängig davon, ob ich müde war, lustlos, verschlafen, sauer, in Eile oder sonstwas.
Ich musste lernen, meine eigenen Bedürfnisse unterzuordnen. Ich spielte mit einem Male nicht mehr die erste Geige.
Die Gedanken darüber jedoch versetzen mich stets und sofort in eine schuldige Rolle. Mütter hatten doch nicht so zu fühlen, haben nicht so zu denken. Mütter lassen sich gerne fremdbestimmen, Mütter stellen das Wohl ihres Kindes immer über das eigene.
Gute Mütter.
Natürlich wollte und will ich eine gute Mutter sein, aber Muttersein ist irgendwie anders.
Also erfuhr ich, dass ich keineswegs eine perfekte Mutter bin. Dass ich meine Töchter zwar über alles liebe, aber dass ich dennoch nach wie vor Probleme mit dem Gefühl des Fremdbestimmtseins habe.
Dass ich nach wie vor dazu neige, meine eigenen Bedürfnisse gerne mal in den Vordergrund zu rücken. Dass ich nicht so geduldig bin, wie ich es mir gewünscht habe, dass ich vieles vor dem Muttersein gedanklich anders gemacht habe, als ich es, nachdem ich Mutter geworden war, in der Tat dann umsetzte.
Muttersein lässt mich jeden Tag an neue Grenzen stoßen. Ich lerne jeden Tag dazu, lerne aus meinen Fehlern, lerne durch meine Kinder.
Ich bin nicht die perfekte Mutter, die ich gerne gewesen wäre. Aber: Ich habe irgendwie auch nicht die "perfekten" Kinder, die mir in meiner rosa Theoretikerwolke einst vorschwebten.
Funktionierende kleine Wesen, die immer genau das tun, was die Eltern ihnen sagen.
Muttersein ist anders und ich bin froh darüber.
Nichts ist schlimmer als Perfektionismus. Nichts ist unmenschlicher als funktionierende Menschen.
Ich liebe meine Kinder - sie sind perfekt: für mich!
Und wer weiß, vielleicht bin ich ja genau die unperfekte Mutter, die meine Kinder brauchen?
Hey Suan- klar bist du genau die richtige Mama für diese beiden tollen Mädchen!
meint Sonia
vom 28.08.2005, 16.58