Ausgewählter Beitrag
Selbstbedienungskassen
Als bekennende Onlineeinkäuferin treibt es mich seltenst in irgendwelche Kaufhäuser. Gestern jedoch musste es sein, da ich dringend eine Druckerpatrone benötigte.
Also steuerte ich den hiesigen, neuen "Saturn" an.
Ich wanderte vorbei an Toastern, Waschmaschinen, elektrischen Zahnbürsten, Wäschetrocknern, Fernsehern, Stereo-Anlagen, MP3-Playern, Druckern, Laptops, elektrischen Lockenwicklern und ähnlichen hundertfach herumstehenden Elektrogeräten, ehe ich endlich die in der letzten Ecke gelegene Druckerzubehörabteilung erreichte.
Schnell schnappte ich mir das Gesuchte, entdeckte auf dem Rückweg zur Kasse - vorbei an Rasierern, Lautsprechern, Digicams, Batterien, Mikrowellen, tragbaren CD-Playern, Duschradios, Mixern, Raclette-Geräten, Kopfhörern, Elektrogrills und ähnlichen Geräten - zufällig die Ecke mit den Nintendo Spielen und da eh gerade der ein oder andere Geburtstag ansteht, griff ich auch hier beherzt ins Sortiment und wählte eines der quadratisch, praktischen und von einigen Familienmitgliedern heißgeliebten Spiele.
Nun begab ich mich auf die Suche nach einer Kasse.
Man sollte meinen, die Kassen befänden sich im Eingangs- bzw. Ausgangsbereich, aber da sah ich nichts weiter als flughafencheckmäßige Durchgänge.
Ich wunderte mich etwas ob der skurillen und übertriebenen Sicherheitsvorkehrungen in diesem Laden und meine Augen suchten weiterhin das Riesenareal des Ladens nach einer Kasse ab.
Genervt gab ich irgendwann auf und fragte einen der wenigen Mitarbeiter.
"Hier! Sie stehen doch davor!" pampte dieser mich sichtlich angenervt an und seine aus dem Kopf springenden Augen ließen vermuten, dass ich erstens nicht die erste Kundin war, die ihm diese Frage stellte und er zweitens der Fraktion Frauen-und-Technik-oh-mein-Gott angehörte.
Ich stand also davor.
Nur, hier war niemand!
Ich meine, sitzt an einer herrkömmlichen Kasse nicht eine Kassiererin oder ein Kassierer?
Ich sah mich fragend nach dem charmanten Mitarbeiter um, der genau das auch schon zu kennen schien und sichtlich angenervt und übertrieben ironisch bemerkte:
"Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert. Wir haben hier Selbstbedienungskassen!"
Ooccch, pampig kann ich selber:
"Das sehe ich selber. Ihnen ist aber anscheinend im 21. Jahrhundert die Freundlichkeit verloren gegangen!" sprach ich und wandte mich der Kasse zu.
Auf einem Monitor las ich:
"Legen Sie bitte Ihre Waren scangerecht auf das Band!"
Brav legte ich meine beiden Teile auf das wenig rückengerechte kleine Band nahe des Bodens.
"Das Produkt konnte nicht identifiziert werden!"
Erklärte mir der Monitor. Und weiter las ich:
"Stellen Sie die Ware senkrecht auf das Band!"
Senkrecht, sicher, kein Problem.
Hat schonmal jemand versucht, ein Nintendo Spiel senkrecht auf ein rotierendes Band zu legen?
Nun, ich schon, mit dem Ergebnis, dass das Spiel umfiel.
"Das Produkt konnte nicht identifiziert werden! Stellen Sie die Ware senkrecht auf das Band!"
Ich tat wie mir geheißen. Da ich ja durchaus lernfähig bin und mir bereits nach dem dritten Umfallen klar war, dass das so nicht funktionieren würde, hielt ich das Spiel beim nächsten Versuch mit zwei Fingern fest.
"Bitte berühren Sie die Ware nicht beim Scanvorgang!"
strafte mich der Monitor sofort unmissverständlich ab.
Dies war der Punkt, an dem ich entnervt meine Hände zu Fäuste ballte.
"Es handelt sich um hochsensible Geräte, gehen Sie bitte vorsichtig mit unseren Kassen um!" wies mich da von hinten irgendeine Verkäuferstimme an.
"Und ich bin ein hochsensibler Mensch, behandeln Sie mich bitte entsprechend!" giftete ich zurück.
"Stellen Sie die Ware senkrecht auf das Band!"
Unter den kritischen Blicken des Verkäufers gab ich dem hochsensiblen Gerät eine letzte Chance.
"Doch nicht so", wurde ich hinterrücks zurechtgewiesen "das andere Senkrecht bitte!"
Mittlerweile der Verzweiflung nahe - auch ohne Spiegel wusste ich, dass ich mit vor Wut brennenden, knallroten Backen und widerlichem Achselschweiß kein schöner Anblick war - legte ich das Spiel irgendwie auf das Band.
Nein, ich schmiss es förmlich.
"Bitte bestätigen Sie den Gesamtbetrag!" wurde ich daraufhin vom Monitor angewiesen. Und hinter mir ertönte ein: "Geht doch, sag ich doch!"
Ich bestätigte den Gesamtbetrag per Knopfdruck und nun wollte der Monitor wissen:
"Wie möchten Sie bezahlen?"
Zur Auswahl bot er mir:
Kartenzahlung oder Barzahlung an.
Ich wählte Kartenzahlung und ein roter Weg mit dem Text:
Bitte führen Sie hier Ihre Karte ein
wies mir den richtigen Weg!
Ich musste noch geschätzte hundertmal den Gesamtbetrag bestätigen, ehe ich meine Geheimzahl eingeben durfte!
Zahlung erfolgreich - Warten Sie bitte auf den Kassenbeleg und entnehmen Sie Ihre Karte
Erleichtert nahm ich sowohl Karte als auch Beleg in Empfang und verließ eiligst diesen Laden.
Während ich darüber sinnierte, dass dieser Laden jetzt zwar einige Kassiererstellen eingespart hatte, diese aber durch psychologische Betreuer, die ein Kunde nach diesem Vorgang sicher nötig hat, ersetzen muss, im Grunde also nichts gespart hatte, fiel mir doch tatsächlich noch bevor ich das Auto startete auf, dass meine Waren fehlten.
Ich hechtete zurück in den menschenleeren Laden - kein Wunder - und entdeckte meine beiden Produkte auf dem kleinen Band in Bondenähe.
Auf dem Monitor blinkte es ROT:
Bitte nehmen Sie Ihre Ware vom Band!
Die Welt ist einfach zu modern für mich!
Einen guten Rutsch ins neue Jahr!
vom 30.12.2008, 09.51