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anstrengend

Ich hege eine nahezu unüberwindliche Aversion gegen das kleine Wort "anstrengend".
Nicht im Allgemeinen, sondern lediglich in Bezug auf meine eigene Person.
Denn, so wird es mir Zeit meines Lebens gespiegelt: Ich bin anstrengend.

Die Vorstellung anstrengend zu sein war schon immer furchtbar und hat auch heute nichts von ihrem Schrecken eingebüßt.
Hätte ich je erfahren, was genau mich für andere anstrengend sein lässt, so hätte ich alles dafür getan, nicht länger anstrengend zu sein, aber ich habe bislang nicht herausfinden können, was genau der Punkt ist, der mich für andere anstrengend werden lässt.

Frage ich nach, erhalte ich keine Antwort oder es wird ein anderes unliebsames Wort in die Runde geworfen: kompliziert.

Ich habe in den all den Jahren - ganz unreflektiert - die Meinungen der anderen Menschen übernommen. Gepredigt von den Eltern, weiterführend von den Lehrern, gerne auch von Menschen aus dem weiten und nahen Umfeld.
Wenn man es oft genug hört, hinterfragt man nicht, sondern glaubt.

Diese Menschen können nicht alle irren, also wird es stimmen, allein, was macht einen Menschen zu einem anstrengenden Menschen und was macht einen Menschen kompliziert?

Dass ich kompliziert bin, steht außer Frage. Die Gedanken in meinem Kopf machen, was sie wollen und insbesondere nachts gehen sie seltsame Pfade und Wege.
Nur: Sie sind in meinem Kopf. Versteckt. Nur für mich sehbar, hörbar, fühlbar.
In der Regel gehe ich damit nicht hausieren, in dem Wissen (oder mit der Vermutung) dann nicht nur als anstrengend und kompliziert, sondern zudem auch noch als verwirrt bezeichnet zu werden.

Ich kenne andere anstrengende Menschen. Menschen, die für mich anstrengend sind, weil sich ihr Denken und Tun, ihr Handeln und Reden stets und ausschließlich um sie selber dreht.
Egal, worüber man redet, diese Menschen okkupieren jedes Gespräch, mischen sich ein, drängen sich auf und wenden das Gespräch in ihre Richtung.
Jedes Thema lässt sich mehr oder weniger gekonnt und geschickt auf das eigene Leben transferieren und diese Menschen haben schon alles erlebt, alles durchlebt, alles gesehen und gehört und sie wissen vor allem immer alles besser.

Der Verdacht, ich könnte genau so ein Mensch sein, ist mir nicht nur unangenehm, sondern lässt mich schaudern.

Anstrengende Menschen gehen anderen auf die Nerven. Niemand verbringt gerne Zeit mit Menschen, die zur Belastung werden, die penetrant in das eigene Leben eindringen und Platz und Zeit beanspruchen, den man nicht bereit ist an diese Menschen abzugeben.

Jeder hat mit seinem eigenen Leben genug zu tun und lädt sich nich noch gerne den Ballast anderer auf seine Schultern.

Ich habe schon früh beschlossen, nicht anstrengend sein zu wollen.
Mit dem Ergebnis, dass ich distanziert wurde, die meisten meiner Gedanken für mich behielt, lernte, Dinge mit mir selbst auszumachen und mir selbst häufig genug war,

Vielleicht ist genau das auch anstrengend für andere Menschen - ich weiß es nicht.

Das Thema treibt mich um, seit mir letzte Woche eine liebe Freundin wieder einmal erklärte, es sei sehr anstrengend mit mir.
Natürlich fragte ich nach, aber es kam keine Begründung, mit der ich hätte arbeiten können.

Anstrengend zu sein vermittelt mir ein furchtbar schlechtes Gefühl. Ein Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, das Gefühl für andere Ballast zu sein, sie zu nerven, zu stören und Platz und Zeit einzufordern, die mir nicht zusteht und die anderweitig - mit anderen Menschen - besser zugebracht wäre.
Die Tatsache, als anstrengend empfunden zu werden, macht zudem auch unendlich traurig.
Denn natürlich möchte man nichts weniger, als den Menschen, die man liebt und schätzt zur Last zu fallen.

Es führt mich zu einem anderen Lebenspunkt, dem, nie auszureichen und nie gut genug zu sein.
Auch das zieht sich wie ein roter Faden durch mein bisheriges Leben und erst in den letzten Jahren, habe ich begonnen, mich bewusst damit auseinanderzusetzen und gezielt hinzuschauen, wo ich wirklich nicht ausreiche und gut genug bin und an welchen Stellen aber durchaus.

Mit dem Wort "anstrengend" jedoch komme ich nicht weiter und stehe nach wie vor mit ihm auf Kriegsfuß.

Ich könnte nun natürlich einfach glauben, was der Psychotest einer renommierten Frauenzeitschrift über mich sagt:



Sie sind nicht anstrengend. Niemand würde behaupten, dass Sie ihn genervt hätten. Sie drängen sich nicht auf, Sie fallen niemanden ins Wort, Sie bleiben auch in kritischen Situationen gelassen. Aber passen Sie auf, dass Sie mit dieser Haltung überhaupt noch wahrgenommen werden. Denn das Gegenteil von "anstrengend" ist "unauffällig". Und das wollen Sie doch auch nicht sein.



Na also bitte.
Ich wäre auf jeden Fall liebend gerne unauffällig, wenn es dann mit mir weniger anstrengend wäre.

Anstregend zu sein, ohne zu wissen, warum, ist übrigens sehr anstrengend und vor allen Dingen recht ermüdend, weil die Gedanken kreisen und nie zu einem Ende finden.

Letztlich ist und bleibt es eben kompliziert.
Mit dem Anstrengendsein.

Aber ich komme noch dahinter und vielleicht gelingt es mir ja irgendwann mal, einfach nur ein netter, unbeschwerter und liebenswerter Mensch zu sein.
Dafür ist es nie zu spät.
Nehme ich an.
;-)



augenBloglich 08.03.2014, 18.21| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: Gedanken

Wo sind all die Worte hin?

In einer dieser quälend langen, schlaflosen Nächte der letzten Woche war ich es Leid, den Sorgen und der Traurigkeit immer wieder so eine Mächtigkeit über mich zu geben und so versuchte ich mich abzulenken.
Es ist nicht sonderlich einfach, nachts im Dunkeln, ohne Mitmenschen zu stören, eine Ablenkung zu finden.
Aufstehen schied definitiv aus - niemals würde ich freiwillig die nächtliche Bettwärme verlassen -  so musste es etwas Gedankliches sein.
Also versuchte ich mich an alle Gedichte zu erinnern, die ich je in meinem Leben auswendig lernen musste oder wollte.

Ich liebe Lyrik. Ich kann stundenlang in einem Gedichtband lesen und darüber sinnieren, was mit diesem oder jenem gemeint sein könnte.
Noch eher finde ich mich in vielen Werken anderer Menschen wieder.

Ich habe wenig Erinnerung an meine Grundschulgedichte. Ich entsann mich also in dieser Nacht an: "Dunkel war´s der Mond schien helle...."
Gerade mal die ersten zwei Strophen hatte ich noch parat.

Da fiel mir das Gedicht "Gefunden" von Goethe ein. Es muss in der sechsten oder siebten Klasse gewesen sein - ich war wie immer (es war mir längst zur Routine geworden) allen Lehrern massiv auf die Nerven gefallen - als ich dieses Gedicht zur Strafe zu Hause auswendig lernen musste.

Ich bekam es in dieser Nacht noch vollständig zusammen, dabei hatte es mich seinerzeit inhaltlich nicht gerade überzeugen können.....

Einmal bei Goethe angekommen, lag es nahe, sich am "Erlkönig" zu versuchen. Auch das damaliges Schulpensum. Ich erinnere mich, dass wir so ein dünnes, grünes Heft hatten mit vielen wichtigen Balladen und diese vielen wichtigen Balladen mussten wir nahezu fast alle auswendig lernen.
Den "Erlkönig" fand ich damals faszinierend, weil er so schaurig schön traurig war.

Es beruhigte mich, dass ich bis auf ein paar Stolpereien auch dieses Gedicht noch in mir trug.
Nun war es ein Katzensprung zum "Zauberlehrling". Spätestens seit Achim Reichel eines meiner Lieblingswerke.
Leider kam ich nicht über das zweite "Walle, walle.." hinaus, was mich wirklich ärgerte.
Ich mühte mich ab, ich versuchte wirklich, mich an die Verse zu erinnern, aber auch, wenn ich den Inhalt wiedergeben konnte, das Gedicht an sich fand sich nicht mehr vollständig in meinem Gedächtnis.
Dabei hatte ich es einst flüssig und mitfiebernd rezitieren können.

Von Goethe zog es mich zu Kästner und seine "Sachliche Romanze" bekam ich mit nur wenigen Stolperreien noch hin.
Dabei war das kein Schulstoff, sondern ein Gedicht, das mir in die Hände fiel, als ich mich kurz nach der standesamtlichen Hochzeit, kurz vor der kirchlichen Trauung von meinem ersten Mann trennte.

Vielleicht stecken die Worte aus diesem Grunde noch in mir. Leider fehlten mir dann aber bei der "Sache mit den Klößen" wieder ganz viele Worte....
Dabei habe ich das Gedicht geliebt. Im fünften Schuljahr? Oder war es in der sechsten Klasse? Es stand im Deutschbuch und wir haben es irgendwie  vorgeführt. Ich entsinne mich nur sehr dunkel.
Nachts zumindest kam ich nur bis zu den "drei Meter zehn".
Frustrierend.

Schillers Glocke war gar gänzlich weg. Sozusagen ausgelöscht in meinem Gedächtnis.
Wie überhaupt alles, was ich je von Schiller las oder gelernt hatte.

Friedrich Rückerts "Barbarossa" bekam ich sozusagen auch gar nicht mehr zusammen, sieht man mal von der ersten Zeile ab.

Dafür fielen mir Hesses "Stufen" dann schon wieder leichter. Kein Wunder, das Gedicht begleitet mich nun seit so vielen Jahren und immer wieder finde ich mich und mein Leben darin wieder.

Dann kam mir mit einem Male "Das Grab im Busento" in den Sinn und fälschlicherweise dachte ich, es wäre von Clemens Brentano. So kann man sich irren, wie ich am nächsten Tag durch Nachschlagen in diesem wunderbaren Buch feststellte.
August Graf von Platen hat es geschrieben - nie gehört - ehrlich, oder arg verdrängt.
"Nächtlich am Busento lispeln" hatte ich mir gemerkt und nun fragt man sich doch:
"Warum um Himmelswillen?"

Wie entscheidet das Gedächtnis, was es behält und was verloren geht?
Und wo sind all die auswendig gelernten Worte denn nur hin?

Wieso kann ich die Anfänge vieler Gedichte und der Rest ist verschwunden?
Oder ist der Rest gar nicht verschwunden, nur versteckt hinter anderem gedanklichem Ramsch?

Um ehrlich zu sein, kam ich noch nie in die Lage ad hoc ein Gedicht rezitieren zu müssen, aber allein der Gedanke, es jederzeit zu können ist durchaus reizvoll, wenn es auch keinen echten Lebensnutzen mit sich bringt.

Die Nacht verging und mein Plan war aufgegangen. Es blieb zwischen all den Gedichten kein Platz mehr für die Traurigkeit und die Sorgen.
Und seitdem die Sorgen wissen, dass sie keine Chance mehr haben, sind sie glücklicherweise fern geblieben - zumindest in der Nacht.

Dafür liegen nun einige Gedichtbände parat. Für schlaflose Nächte.
Und den Zauberlehrling habe ich bald wieder parat.
Das habe ich mir in jener Nacht versprochen!


augenBloglich 24.02.2013, 17.01| (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: Gedanken

Technische Möglichkeiten

Die Kinder meiner 2. Klasse haben mitverfolgt, dass ich mit Hörgeräten ausgestattet wurde.
Heute erklärte ich spaßeshalber, dass meine endgültigen Geräte, die ich heute bekäme, so gut seien, dass ich sogar hinten damit sehen könnte....

Zunächst staunendes Schweigen, alle waren begeistert.
Ein Junge zeigte auf und erklärte voller Überzeugung:

"Mit heutiger Technik ist eben alles möglich!"

Fast alles zumindest.
;-)

augenBloglich 22.02.2013, 19.02| (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: Schule

Lebenswiederholungen

Die E-Mail erreichte mich im Büro und ich überflog sie zunächst.
Die Schulleitung der Schule meiner Töchter - der Schule also, die ich auch vor Urzeiten besuchte - teilte darin allen Eltern mit, dass sich ein Zehntkläßler getötet hatte und die Schülerinnen und Schüler diese Information heute in der Aula erfahren hätten.
Seelsorger seien zugegen gewesen und wir Eltern wurden gebeten, mittels Gesprächen zu Hause aufzufangen, was aufzufangen sei.

Erst einige Tage später erfuhr ich, dass der Jugendliche sich keine 500 Meter von hier entfernt auf die Schienen gelegt hatte.....

Ich wache nachts auf.
Nach wenigen Stunden Schlaf, wache ich nachts auf und stecke wieder in meiner Schulzeit.
Wir sind in der achten Klasse. Jung, unbefangen, unbeschwert.
Zum ersten Mal verliebt, mit Schmetterlingen im Bauch und allen nur denkbaren sonstigen Klischees.
Heimliches Händchenhalten und heimliche Treffen im Park.
Briefchen und viel Unsicherheit. Verlegene Blicke.

Er, ein Außenseiter, einziger Migrant, italienischer Abstammung.
Ich, eine Außenseiterin, Klassenclown und Arbeiterkind.
Dinge, die man nicht vergisst, wenn Lehrer immer wieder hämisch darauf aufmerksam machen.

Es war im Kunstunterricht an einem Freitag, als wir uns stritten.
Ich weiß heute nicht einmal mehr, worum es in dem pubertären Streit ging.
Nichtigkeiten, die in der pubertären Welt zu Dramen wurden - nehme ich an.
Das Geodreieck, das er mir zum Zeichnen geliehen hatte, zerbrach er, als ich es ihm zurückgab und erklärte dabei lapidar: "Das brauche ich sowieso nicht mehr...!"

Und dann war er verschwunden.
Ich erinnere mich an viele Anrufe und das gesucht wurde.
Ich erinnere mich daran, dass ich trotzig und sauer war - auf ihn - natürlich.
Ich hatte Liebeskummer.

Und ich erinnere mich noch an den Anruf, der am Sonntag kam, als ich erfuhr, dass er sich vor den Zug gelegt hatte.
Einfach so, geplant, mit Abschiedsbriefen, die Tage später eintrudelten.

Der Montag in der Schule war ein Nebelmontag.
Ich sah alles durch dichte Wolken und es drang nichts richtig zu mir vor.
Ich hatte am Sonntag die Fragen meiner Eltern ausgehalten und viel telefoniert.
Es war der Tag, an dem ich zu Schreiben begann. Alleine, für mich.
Und montags wussten es die Lehrer noch nicht.

Wir gingen zum Lehrerzimmer und erzählten es unserer Deutschlehrerin, einer wunderbaren Frau, der einzigen Lehrerin, der wir es anvertrauen mochten.
Wir standen vor dem Lehrerzimmer und sagten ihr, L. habe sich umgebracht.

Ich glaube, wir weinten, aber ich erinnere mich nicht.
Ich erinnere mich, dass niemand mit uns redete.
Es gab weder Seelsorger, noch Gespräche, die auffingen, was in uns vorging.
Der Platz in der Klasse blieb einfach leer.
Einfach so.

Wir waren 14 oder gerade 15 und wahrscheinlich hätte ich einfach jemanden gebraucht, der mich in den Arm nahm.
Aber da waren nur Vorwürfe, Schuldzuweisungen und gähnende Leere.

Ich durfte nicht mit zum Friedhof. Daran erinnere ich mich noch.
Die Eltern wollten das nicht.
Ich kannte sie nicht einmal, die Eltern.
Und ich hatte auch ihn niemals richtig gekannt.

Das große Alleinsein traf mich unvorbereitet. Alleinsein mit einer Sorge, einer Last, einem Problem, das niemand mit mir bereden wollte.
Und das große Nachdenken begann.

Heute würde ich sagen, das war der Moment, in dem sich mein Herz verschloss.
Ich hielt die Vorwürfe aus und die bösen Kommentare über dumme, junge Menschen, die ihr Leben wegwarfen.
Ich hielt eine Familie aus, die über nichts anderes mehr reden konnte, in abwertenden Bemerkungen und Tiraden.
Die eigene Tochter gänzlich übersehend.
Und ich hielt mich aus.
Mitunter die schwierigste Aufgabe.

Und nun, nach 29 Jahren, wiederholt sich das Leben.
Wieder legt sich ein junger Mensch auf die Schienen und wieder werden sich irgendwo Herzen verschließen.
Vielleicht nicht in der Gänze, wie damals, denn die Schule hat sofort reagiert.
Es waren Menschen vor Ort, die Ohren und Zeit für die Kinder hatten und haben.

Ich bin froh, dass Schule sich verändert hat.
Und ich bin fassungslos über die Trostlosigkeit, die ein junger Mensch in sich spüren muss, um sein Leben zu beenden.

Es ist nachts. Ich wache auf und kann nicht mehr schlafen. Und ich stelle mir vor, was wäre, wenn alles ganz anders gekommen wäre....

augenBloglich 21.02.2013, 17.06| (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: Vergangenheit

Tage wie dieser

Es gibt diese Tage, die suboptimal beginnen.
Das Rutschen mit dem Auto - auf einen bewaldeten Randstreifen neben der Fahrbahn - hatte ich gerade überwunden, als ich auch schon in meinem Bürostuhl saß und den dampfenden Tee genoss, der vor mir stand.
Leider fielen mir dann die 30 Schnellhefter meiner Schüler vom Tisch - das mit der Erdanziehungskraft ist manchmal fatal - und ich beugte mich (elegant versteht sich) halbseitig hinunter und über die Armlehne des Stuhles (um auf möglichst bewegungsarme und bequeme Art wieder an die Schnellhefter zu gelangen), als der olle Stuhl mit einem Mal seitlich hinschlug und ich mit ihm.

Es ist übrigens nicht so einfach, sich seitlich in einem Bürostuhl eingequetscht aus selbigen zu befreien, denn die Armlehnen sind da durchaus im Weg.
Aber natürlich schaffte ich es und ich bekam auch nur einen minikleinen Lachanfall.

Morgens um halb sieben.
Im Büro.
Allein.

Glücklicherweise allein, denn das muss ja nun wirklich auch nicht jeder mit ansehen.
Der beste Hausmeister der Welt kam kurz gucken, ob ich nun völlig durchgedreht sei, aber ich konnte ihn überzeugen, dass ich durchkomme.

Fortan saß ich, also die nächsten zehn Minuten zumindest, bewegungslos im Stuhl, um so taktisch geschickt zu vermeiden, dass noch etwas Unschönes geschieht.

Dafür knarzte nun mein Ohr.
Nur das rechte.
Gestern hatte ich ja der Akusterin weitschweifig berichtet, dass diese Hörgeräte gar nicht gehen und bekam sie prompt wieder mit.
Nur anders eingestellt versteht sich.
Links ist nun alles wunderbar.
Rechts knarzt mein Kopf.

Es klingt so, als ginge man vorsichtig eine alte Holztreppe hinauf und versuche zu vermeiden, dass die Stufen knarzen.
Natürlich knarzen sie dann erstrecht.

Ich bewege den Kopf: Rechts knarzt es.
Ich kaue: Rechts knarzt es.
Ich schlucke: Rechts knarzt es.
Ich zucke die Achseln: Rechts knarzt es.

Zumindest pfeift die Maus nicht mehr, also vielmehr das Hörgerät in Verbindung mit der Maus.
Dafür knarzt nun alles.
Rechtsseitig.
In meinem Ohr.

Mit den Dingern bin ich durch.
Die können nun eingestellt werden wie sie wollen, ich wíll die nicht mehr.
Das hatte ich gestern bereits der Akustikerin erzählt und ihr direkt und vor allem ungefragt meine Psyche erklärt und kundgetan, dass die Teile schon verloren haben.
Nur waren die anderen, auch für mich bestimmten, noch nicht da.
Also (er)trage ich brav bis Freitag das Knarzen in meinem rechten Ohr und fühle mich wie eine Treppenstufe.

Wenn das nicht Anlass zur Besorgnis geben sollte.
Mag sein, bei dem Bürostuhlsturz ist da irgendwas durcheinandergeraten......
Man weiß es nicht.


augenBloglich 06.02.2013, 15.33| (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: Augenblicke

Planetarium

Uglaublich, wie sehr ein Besuch des Planetariums einen wieder erden kann. Alles hat nun wieder die richtigen Dimensionen.
Angefangen bei der Tatsache, dass unsere Töchter doch nicht so weltschlimm sind, wie es manchmal zu Hause den Anschein hat.
Nein, der Besuch im Planetarium zeigte, es geht immer noch schlimmer.
Man sollte pupsenden Teenies im Planetarium Hausverbot erteilen.
Selbige saßen hinter uns und dem Geruch nach, hatten sie sich innerlich dem Verwesungsstadium genähert.
Mir waren da unsere missgelaunten Töchter lieber, die zwar mit dem unerträglichen Schicksal haderten, nun im Planetarium sitzen zu müssen, aber zumindest weder pupsten noch rülpsten.
Manchmal freut man sich doch schon über die kleinen Dinge im Leben.

Apropos klein.
Das Universum an sich, so zeigte sich heute mal wieder, hat ja Dimensionen, die einen selbst - und damit vor allem auch die kleinen Sorgen und Nöte - wieder in die richtige Relation rücken.

Und so saß ich da, gänzlich ergriffen und haderte nicht mehr mit meinem geschädigten Gehör, wohl aber mit der Tatsache, dass ich im Vergleich zum Universum nichtmal ein Fliegenschiss bin und dann auch noch ein nichtswissender.

Manchmal macht es mir regelrecht Angst, zu merken, wie wenig ich weiß. Ich rechne dann herum und male mir aus, wie ich möglichst schnell all meine Wissenslücken auffüllen kann, welche Bücher ich lesen möchte und wie ich es schaffen soll, in einer relativ kurzen Lebensspanne möglichst viel Wissen zu speichern.

Unter dieser Kuppel zu liegen, umschwadert vom üblen Duft der Teeniepüpse, machte mich schon ziemlich demütig und ergriffen.

Und ich habe keine Ahnung von all den fremden Galaxien, Andromeda Nebeln, Super Novas und  schwarzen Löchern.
Ich kann mir Lichtgeschwindigkeit nicht vorstellen und meine Phantasie reicht nicht einmal aus, um bis zum nächsten Planeten zu denken.
Ich habe noch nie den Sirius Stern am Himmel entdeckt - gut, dass mag an meiner mangelnden Sehfähigkeit liegen - und ich wusste nicht einmal, dass Jupiter einen Eismond namens Europa hat.

Man müsste all diese jammernden Menschen, denen jeder mal hin und wieder begegnet, also jenen Menschen, die in ihrer Komfortzone leben und trotzdem täglich etwas zu beklagen haben, mal auferlegen, sich eine Stunde in ein Planetarium zu legen.
Gut, die Püpse kann man weglassen, aber dieses Gefühl des Kleinsseins inmitten von etwas unermesslich Großem, das Gefühl der Nichtigkeit im Allumfassenden - dieses Gefühl, zu entdecken, welch winzig kleines unwichtiges Element man im Universum überhaupt ist - dieses Wissen täte so manch einem Menschen sicherlich mal gut.

Mir übrigens auch!

augenBloglich 03.02.2013, 19.18| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: Augenblicke

Raus damit!

Ich war am Freitag geduldig und auch Samstag hielt meine Geduld noch an.
Als ich Samstag Abend die Hörgeräte abnahm, überkam mich ein Gefühl der totalen Erleichterung.
Ich genoss das nicht mehr Rauschen, das nicht mehr Knistern, das nicht mehr Pfeifen.
Meine 40% Welt war wesentlich angenehmer als alles, was diese Geräte mir da antaten.

Offensichtlich hat mich die erste Woche verwöhnt.
Nichts pfiff, nichts rauschte und es knisterte auch nichts in meinem Ohr - sieht man mal davon ab, dass ich beim Gehen raschelte.

Heute morgen dann ein neuer Versuch.
Teile rein.

Wie an den Tagen zuvor, mochten sich meine Computermaus und das rechte Gerät mal gar nicht.
Jedes Mausklicken ergab einen unangehmen Pfeifton und nach einer halben Stunde Arbeit am Rechner war ich schon gänzlichst entnervt.

Der Biss ins Brötchen gab mir den Rest.
Nein, ich möchte nicht das Knacken des Brötchens im Munde lautstark in mein Ohr transferiert bekommen.
Ich möchte auch nicht, dass es aus meinen Ohren pfeift, auch wenn ich schon manchmal den Eindruck habe, ich pfeife aus dem letzten Loch.

Nö.
Ich fand die Teile derart unangenehm, dass ich sie herausnahm und den Tag über in meiner 40% Welt verblieb. Und auch heute Abend setze ich sie nicht wieder ins Ohr.
Auf keinen Fall.
Ich weiß, es geht besser und das möchte ich auf keinen Fall ertragen müssen.
Die wanderen morgen oder übermorgen zurück zur Akustikerín und ich mag die Teile auch gar nicht weiter (mit anderen Einstellungen oder so) testen.
Mir reicht es schon jetzt.

Dann lieber groß und ohne Pfeifen, Knistern, Rauschen.

augenBloglich 03.02.2013, 18.59| (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

nach einer Woche

Ich hatte mich ganz offensichtlich an die Hörgeräte gewöhnt. Ich kam mit ihnen in der einen Woche durch Regen und starken Wind, saß mit ihnen in der Kirche und war bei einer größeren Feierlichkeit. Den Schulalltag meisterten sie auch wunderbar mit mir und auch den sonstigen Alltag bestanden sie ohne Schwierigkeiten, Fehler und Problemen.

Nach der Anfangsdramatik kam sehr schnell der Hörgerätealltag über mich und am liebsten hätte ich die Teile direkt behalten.
Doch gestern war der zweite Termin bei der Akustikerin, die sich wieder sehr viel Zeit nahm, einige Tests durchführte und dann mit miniminikleinen Widex Geräten daher kam, die ich sofort toll fand, da ja eben miniklein und sozusagen noch weniger sichtbar als die anderen Geräte (die ich auch schon klein fand).

Die Optik überzeugt mich gänzlich und nun möchte ich auch so gerne, das der Klang mich überzeugt, aber wenn ich ehrlich bin klangen die anderen Geräte "besser".
Nun kann das natürlich auch daran liegen, dass ich sie eine Woche getragen hatte und einfach daran gewöhnt war.

Momentan klingt alles sehr blechern und irgendwie knistert es mir auch zu sehr.
Meine Stimme liegt wieder beim Bahnshofshallenniveau, wobei ich ja mittlerweile weiß, dass sich das nach wenigen Tagen legt.
Ganz furchtbar empfinde ich die Tatsache, dass die Geräte pfeifen, wenn ich meine Hand ans Ohr lege.
Geht gar nicht.
Ich meine, nicht, dass ich da viel herumfummeln müsste, aber wenn, dann soll es bitteschön nicht pfeifen.
Pfeifen geht gar nicht.

Ich hätte dann bitte gerne die kleinen Geräte mit dem Klang der letzten Geräte und schwupps ist alles wunderbar.
Nächste Woche wartet ja ein drittes Gerät auf mich und dann reicht es aber auch.
Ich weiß, man muss Zeit und Geduld haben, aber ich möchte damit schnell durch sein, mich an meine Geräte gewöhnen und es Alltag werden lassen.

Es stört mich nicht mehr und ich merke, dass mein Kopf kaum Kapazität hat, sich jetzt auch weiterhin leidend mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Das Leben ist auch so schon angefüllt und ausgefüllt genug.

Die Menschen um mich herum, denen ich nicht gesagt habe, dass ich Hörgeräte tragen, nehmen diese kaum wahr.
Ich hatte nun schon oft den Fall, dass Menschen erstaunt waren, als ich ihnen davon berichtete, weil sie die Geräte einfach nicht gesehen hatten.
Natürlich finde ich das gut.
Ich selber schaue allerdings bewusster und bemerke nun viel eher, wenn andere Menschen auch Hörgeräte tragen.
Allerdings spielt das alles keine so große Rolle wie noch vor einer Woche.
Ich habe selten erlebt, wie sich Lebensdramatik so rasch minimieren kann.

Heute bin ich ein wenig genervt von den neuen Geräten.
Ich höre viel zu viel von dem, was ich nicht unbedingt hören muss.
Hier am Laptop ist es extrem unangenehm, weil der Laptop rauscht.
Entweder, er hat schon immer gerauscht und ich habe es nie gehört oder aber die neuen Geräte verstärken das Rauschen in meinem Ohr.
Oder der Laptop ist krank.
Das ist sehr unangenehm und das war in der letzten Woche mit den anderen Geräten überhaupt nicht so.

Ich weiß schon jetzt, dass wenn ich die Wahl haben werde zwischen Größe und Klang, ich mich in jedem Fall für den besseren Klang entscheiden werde.
Niemals hätte ich gedacht, dass es solche Unterschiede geben kann.

Jetzt heißt es abzuwarten, wie sich die neuen Geräte bewähren.


augenBloglich 02.02.2013, 09.11| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Oh, pardon!

Ich gehöre ja glücklicherweise nicht zu jenen Menschen, die sich gerne mal falsch platzieren. Mir obliegt es eher, den Falschplatzierten das Leben schwer zu machen.
Also vesehentlich, versteht sich.
Gestern beispielsweise. Das Lokal war groß, der junge Mann hätte mit seinen drei hübschen Begleiterinnen sicherlich auch außerhalb meines Wirkungskreises einen Platz gefunden, aber nein, er zog es vor, sich an den Nebentisch zu setzen.

Ich meine, unsere Tische trennte ein ziemlich breiter Durchgang, was meinen Rotwein nicht davon abhielt, bei einer meiner kleineren Gestikulierungen gekonnt aus dem Glas zu schwappen und bis auf die Hose des jungen Mannes zu gelangen.

Dabei hatte ich lediglich meinen bedeutungsvollen Worten mit noch bedeutungsvolleren Gesten zu mehr Eindringlichkeit und Nachhaltigkeit verhelfen wollen.
Ich glaube, wir waren auch gerade bei dem wichtigen Thema: "Wie flattert die Haut im Händetrockner der lokalen Toilette?" angekommen, es kann aber auch sein, dass ich aufgrund des ein oder anderen Glases Wein die thematische Reihenfolge unseres Gesprächs durcheinanderbringe.

Also ich unterhielt mich natürlich nicht mit dem jungen Mann - der hatte ja gleich drei hübsche Begleiterinnen - sondern mit meiner Begleitung, die - so scheint es mir heute - kein ernsthaftes Interesse an der Hautfaltendiskussion zeigte.

Wie dem auch sei, der Rotwein schwappte also unverständlicherweise aus dem Glas und in elegantem Bogen auf die Hose des am Nachbartisch Sitzenden.
Gut, der Boden bekam auch eine kleine Schwappung ab, aber am Knie des jungen Mannes machte sich der Wein besonders gut.
Natürlich entschuldigte ich mich, verschonte den Beschädigten allerdings mit hausfräulichen Tipps bezüglich der Fleckenentfernung und schüttete auch nicht direkt Salz nach.
Na, und angrabbeln wollte ich den Guten dann auch besser nicht, also konzentrierte ich mich lieber wieder auf das nun stark geleerte Glas.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass meine gestrige Begleitung mir heute unterstellte, ich hätte schneller gertrunken als sie.
Natürlich war mein Glas schneller leer. Die Hälfte hängt ja immer noch in der Jeans des Jünglings.
Aber von schneller trinken sind wir dann aber doch noch weit entfernt.

Ich bin eigentlich auch ganz froh über den Weinverlust.
Mein Kopf schmerzt heute auch so schon ausreichend und ich mag mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn die Schwappung auch noch in meinem Körper gelandet wäre.

Und der junge Mann wählt seinen Sitzplatz beim  nächsten Mal sicher mit mehr Bedacht.

augenBloglich 31.01.2013, 17.23| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: Augenblicke

Geräuscheoverkill

Ich kann verstehen, dass die Töne in meinem Kopf ihre Wiedersehensfreude feiern, munter ihre Partyhütchen aufsetzen, sich höchstwahrscheinlich wild umarmen und dann um den besten Platz auf der Tanzfläche ringen.
Vielleicht fällt ihnen im Gedränge gar nicht auf, dass der Platz in meinem Kopf doch eher begrenzt ist und meine Schädelknochen sich nicht gummiartig nach außen wölben können.
Die Wiedersehensfreude sei ihnen ja gegönnt, aber so langsam würde ich abends dann doch gerne mal ohne Kopfschmerzen den Tag beenden.
Irgendwann ist ja auch mal gut mit der Neuvereinigungsparty.
Gut, ich weiß ja, dass täglich neue Töne dazustoßen, aber die alten müssten doch wirklich langsam mal partymüde sein.

Je fortgeschrittener der Tag, desto häufiger fasse ich mir an die Hörgeräte, um jedesmal zurückzuzucken, weil das Anfassen natürlich recht laut in meine Ohren übermittelt wird.
Die Partymacher scheint das wenig zu beeindrucken.
Ich nehme an, sie hören schlecht.
;-)


augenBloglich 30.01.2013, 05.22| (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Der 1. Schultag

Die Einschulung meiner Hörgeräte verlief sehr unspektakulär. Um nicht zu sagen, ich steckte sie an, hinter und in meine Ohren und wartete gespannt darauf, was geschehen würde....

Morgen um sechs ist es im Schulleitungsbüro vor allen Dingen leise. Und das war es auch gestern. Nur unterbrochen vom Ticken der Wanduhr - ja, sie tickt - und Gluckern der Heizung.

Als der weltbeste Hausmeister um halb sieben kam, erklärte ich ihm weitschweifig, dass die Heizung gurgelende Geräusche von sich gibt.
Nur, dass das für den weltbesten Hausmeister gar nichts Neues war.

Später gestaltete sich die Situation dann durchaus schlimm.
Also nicht für mich jetzt, sondern für mein Kollegium, das ad hoc mit einer Schulleiterin leben muss, die nun alles hört.
Vorbei sind die Zeiten des Hinter-dem-Rücken-Lästerns, in der Gewissheit, ich würde das ja eh nicht hören.

Herrlich. Also für mich jetzt.

Im Lehrerzimmer drehte ich mich zu einer hinter mir stehenden Kollegin um und bat sie, nicht so laut die Augenbrauen hochzuziehen.
Ach ja und die Schulklingel war vorher schon schrill, nun tut sie in den Ohren weh.

Aber, und das ist das allerallerschönste, ich habe alle Kinder meiner Klasse wunderbar verstehen können und musste nicht einmal nachfragen. Sie nuscheln gar nicht, die Kinder, sie sprechen klar und deutlich und fanden im übrigen die Hörgeräte faszinierend.

So ganz selbstverständlich trage ich sie noch nicht. Immer noch habe ich das Gefühl des Makels und fühle mich unwohl, schaue, ob andere schauen.

Ich weiß, dass das vorbei gehen wird und ich werde einen Weg finden, damit umzugehen. Nicht zuletzt ist Humor dabei nicht die schlechteste Variante.


augenBloglich 29.01.2013, 05.33| (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Es raschelt....

Himmel, ich wusste ja nicht, dass ich derartig sonderbare Geräusche verursache.Zum Beispiel beim Anziehen. Ich meine, raschelt das immer so oder raschelt das jetzt nur wegen der Hörgeräte?
Oder beim Gehen. Ich raschle beim Gehen. Das möcht ich nicht.
Rascheln alle Menschen beim Gehen? Ich muss das mal beobachten und erhören.
Schön auch, dass mein Blinker nun tickert und ich unten höre, wenn die Tochter oben Musik anmacht. Und ich dachte immer, der Gatte stellt sich an.....

Außerdem habe ich erstmal allen Mitmenschen hier im Hause mitgeteilt, dass sie mich bitte nicht so anschreien mögen.
Augenrollen.
Ich ernte alleweil Augenrollen, nur weil ich gänzlich fasziniert bin von diesen kleinen Teilen hinter meinen Ohren.

Also hübsch finde ich sie ja immer noch nicht.
Ich geriet sogar kurzzeitig in Versuchung beim heutigen Friseurbesuch anzudeuten, ich bräuchte eine neue Frisur, um Teilchen und Schläuche zu verdecken, aber dann erschien mir das auch wieder zu mühsam und ich zuppelte das Kurzhaar drüber.
Najal, weitgehend.

Ich finde auch, dass sich das hinter meinen Ohren jetzt ganz schön knubbelt. Brillenbügel und Hörteile, also mehr passt da jetzt beim besten Willen nicht hin.

Schön auch, dass ich meine eigene Stimme nun immer durch das Mikrofon höre. Das hat so ein bisschen was von Bahnhofshallenakustik. Allerdings wurde mir das angekündigt und auch, dass ich mich nach drei Tagen daran gewöhnt hätte.

"Hängen Sie sich das Hörgerät wie Zwillingskirschen einfach hinter die Ohren!", war der Ratschlag der Akustikerin. Keine Ahnung, was die für Zwergkirschen isst, also die Teile  jedenfalls lassen sich mal nicht so einfach hinter die Ohren klemmen. Entweder steht der olle Schlauch (es soll ein Kabel sein) ab oder es drückt im Ohr oder hinterm Ohr verrutscht was.
Also jedenfalls, wenn man wie ich, hektisch die Teile anbringen will.
Lässt man sich ein paar Minuten Zeit klappt alles wunderbar. Sitzt, funktioniert und ist allerdings auch weiterhin unhübsch.
Gut, man kann nicht alles haben.

Dafür höre ich nun Fliegen pupsen. Auf Dauer ist das etwas anstrengend, wie ich finde, mir war ja auch nicht klar, wie viele unwichtige Geräusche es so gibt in meinem Leben.

Allerdings wiegen die wichtigen Geräusche, die ich nun wunderbar klar und deutlich höre, alles andere auf.

Ich gehe den anderen Menschen auch nur minimal auf den Geist mit meinen ständigen Fragen, ob die Teile deutlich zu sehen sind, eher nicht zu sehen sind, mit gezuppelten Haaren noch weniger zu sehen sind oder gar überhaupt nicht zu sehen sind.

Wie sagte die Tochter so schön:
"Ist doch cool, jetzt denken alle du bist Agentin oder Bodyguard, die haben auch immer so Prömmel aus dem Ohr schauen!"

Prömmel.
Nein, schön, wirklich.
Ich wollte schon immer mal beprömmelt sein.

Übrigens, der Toillettendeckel klackert, wenn er sich schließt.
Nur, dass wir mal kurz drüber gesprochen haben.
:-)



augenBloglich 26.01.2013, 17.20| (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Entdramatisierung

Spätestens als das Wort "Bluetooth" fiel, war ich wieder ausgesöhnt mit dem Gedanken, dass mir fortan im wahrsten Sinne des Wortes, "alles aus den Ohren hängen" wird.
Die Akustikerin nahm sich sehr viel Zeit für mich, meine Fragen und Sorgen und so trage ich sie nun, diese kleinen Hightechteile und höre die Maus wieder klicken, die Zeitung wieder rascheln, die dröhnende Musik aus dem Zimmer unserer Ältesten.....

Bis nächsten Freitag werde ich sie testen und vielleicht bis dahin auch lernen, die Dinger mühelos hinter mein Ohr zu klemmen.
Man sollte meinen, dass das problemlos geht, aber so kann man sich täuschen.

Natürlich ist die Technik nicht unsichtbar und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass es mich nicht stört.
ABER der Besuch bei der Akustikerin heute hat die Situation für mich ganz deutlich entdramatisiert,
Gut, die Tatsache, dass die anderen Menschen dort vor Ort alle jenseits der 80 schienen und die ausliegenden Zeitschriften eher für Senioren gedacht waren, hat mich jetzt nicht sonderlich aufgemuntert, aber endlich senke ich mal den Schnitt (wo ich ihn doch mittlerweile eher überall hebe).

Das Leben hält in der Tat viel mehr Geräusche bereit, als ich in den letzten Monaten mitbekommen habe und allein das hat mir heute schon manches erstaunte Lächeln ins Gesicht gezaubert.


augenBloglich 25.01.2013, 17.27| (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Und das ist auch gut so?

Ich las gerade, in einer ruhigen Stunde das Buch "Ich bin schwerhörig - und das ist auch gut so!"
Obwohl dieses Buch ein sehr positives Buch ist und ich mich an vielen Stellen wiedererkenne, hat die Lektüre nicht das bewirkt, was ich erhofft hatte.
Nicht dieses Gefühl: Du schaffst das schon, alles ist halb so schlimm! geschaffen, sondern mich eher mit einer dumpfen Wut nahe den Tränen hier sitzen lassen.

Ich will das nicht!

Ich habe mich eingerichtet in meiner 40% Welt und - so scheint es - ich komme doch wunderbar klar. Wer braucht schon 100%?

Mich lähmt der Gedanke an diesen langen, mühsamen Weg, da der jetzt vor mir liegt.
Ich will nicht nachdenken müssen über Hörkurven und ständig zu einem Akustiker rennen müssen.
Ich will keine Hörgeräte, deren Batterien in den unmöglichsten Momenten leer sind, die pfeifen oder ein sonstiges Eigenleben führen.

Ich mag mich nicht entscheiden müssen, welche Töne ich wie und womit besser höre und welche unterdrückt werden sollten.
Ich möchte keine Schläuche im Ohr haben und auch nix hinter meinen Ohren.
Mein Leben ist auch so ausgefüllt genug, ich brauche nicht noch Ohren, die einer Sonderbehandlung bedürfen.

Ich werde meine Mitmenschen nerven mit diesem neuen Equipment und ich bin so voller Zweifel. ob der Aufwand lohnt und so voller Wut, weil ich all das nicht brauchen kann in meinem kleinen Leben.
Und auch so voller Traurigkeit, weil wieder einmal etwas in/an/mit meinem Körper nicht so funktioniert, wie ich es gerne hätte.
Vielleicht auch voller Angst ob der Gleichsetzung von Schwerhörigkeit mit Dummheit.

Und höchstwahrscheinlich voller Undankbarkeit gegenüber der Technik, die mein Leben ja eigentlich schon ganz bald wieder bereichern soll.

augenBloglich 24.01.2013, 15.47| (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

es drückt

Als ich noch an die Ohrenschmalztheorie glaubte, machte es mir nicht viel aus, dieses beständige Dauerdruckgefühl auf beiden Ohren.
So als säße man ununterbrochen im Flugzeug oder gleite immer tiefer hinab ins Wasser.
Ich dachte ja, es ginge vorbei, es sei ein vorübergehender Zustand, etwas, das sporadisch auftritt und bald vergessen wäre.

Ich habe den Druck kaum wahrgenommen und ich nicht beachtet. Damit ließ es sich gut leben.
Die Psyche ist vetrackt. Kaum weiß ich, dass der Druck ein Sympton der Schwerhörigkeit ist, achte ich ununterbrochen  auf ihn, spüre ihn viel intensiver und ja, er stört mich.

Es tut nicht weh, im Sinne von fiesen Schmerzen, aber es macht meinen Kopf dicht, es fokussiert meine Gedanken auf die Ohren und es fühlt sich so falsch an, so im wahrsten Sinne des Wortes beDRÜCKEND.

So, als verstopfe irgendwas die Ohren. So, als müsse man es einfach nur herausholen und, um wieder freies Gehör auf alles haben zu können.

Der stete Druck macht alles dumpf, vernebelt, unklar.
Es ist nun, als höre ich nach innen und nicht mehr nach außen und so sehr ich mich bemühe, meine Psyche hat mich da momentan ganz fest im Griff.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Kopf irgendwann wieder freier wird, im Sinne von befreit von diesem Druck, weil ich noch viel zu wenig Ahnung habe, aber falls nicht, so bin ich mir sicher, dass die Psyche einen Weg finden wird, sich mit diesem Druck zu arrangieren.
Das ging vor der Diagnose und das wird auch nach der Diagnose wieder möglich sein.

Es wäre ja auch furchtbar, wenn ich fortan immer mit der Fokussierung auf diesen Wummerkopf durchs Leben gehen müsste.

Schließlich bietet das Leben ja durchaus auch noch andere Baustellen, die bearbeitet werden müssen.
Die Ohren brauchen da gar nicht erst auf die Idee zu kommen, eine bevorzugte Stellung einzunehmen.
Auch wenn sie sich derzeit noch so sehr bemühen.

augenBloglich 24.01.2013, 13.48| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: körperlich

behindert versus krank

Ich taste mich langsam und misstrauisch an diesen neuen Lebensbereich heran und das Internet mein Medium ist, habe ich erst einmal nach Blogs geschaut, die zum Thema pasen.
Zunächst landete ich hier.  Ich klickte mich so durch die Seiten und las unter anderem die Rubrik "Schwerhörigkeit verstehen".
Anschließend fiel ich in eine mittelschwere Depression, nur aufzufangen durch Unmengen von Schokolade, die leider nicht im Hause war, also ging ich duschen.....

Das Spannende an Blogs ist ja immer, dass man die Vielseitigkeit von Lebenswegen und Bewältigungsprozessen mitverfolgen kann.
Mal passt es und man fühlt sich in einem Blog sofort heimisch, mal hilft nur rasche Distanz zur Schonung des eigenen Seelenheils.
In diesem Falle zog ich es nach halbstündigem Lesen vor, zu gehen.

Ich mag nicht in unendlicher Traurigkeit, uferlosem Frust und einer echten Depression enden - das ist nicht mein Weg.
Ich weiß, da werden diese Momente und Augenblicke kommen, aber solange es mir gelingt auch die komischen Momente wahrzunehmen und das Positive, solange ist mein Leben lebenswert, unabhängig von Krankheit oder Behinderung.
Krank, so las ich nun an vielen Stellen heraus, krank bin ich nicht, sondern behindert.

Nö.
Das gefällt mir nicht.
Krankheit ist mir sympathischer. Es hat nicht so etwas Endgültiges, dafür diese gewisse Prise Leid, mit der man bei den Mitmenschen punkten kann.

"Komm, nimm eine Wärmflasche, leg dich ins Bett und ruh dich aus!"

Gut, das mit der Wärmeflasche wird nicht funktionieren und das Ausruhen bringt das Gehör auch nicht wieder auf 100%, aber das mit der Behinderung klingt so nach Einschränkung und auch wenn das der Realität entspricht, bin ich da jetzt nicht unbedingt ein Freund von.....

Vor allem ist das so ein sensibles Thema. Man weiß nie, wem man auf die Füße tritt und  was man wie formulieren darf und überhaupt.
Bei einer Krankheit ist das irgendwie einfacher.
Also ich will lieber ohrkrank sein - nicht, dass ich es mir aussuchen könnte.

Ich las dann auch davon, wie Schwerhörige sich für ihre Schwerhörigkeit entschuldigen. Und ich habe mal überlegt, wie ich in den letzten Monaten damit umgegangen bin.

Wenn ich etwas nicht verstanden habe, also akustisch, dann sagte  ich immer freundlich "Wie bitte?" und so, als verstünden meine Mitmenschen nicht, ergänzte ich immer noch erklärend: "Ich höre so schlecht!"

Meistens kam dann ein witziger Spruch und wir lachten gemeinsam - immer annehmend, dass ich lediglich ein Dreckohrenproblem habe und keine ernsthafte Hörstörung.
Also Hörstörung ist doch auch mal ein gutes Wort.

Ich kann mich mit vielen neuen Adjektiven schmücken: krank, behindert, gestört.
Letzteres vermuteten etliche Personen schon lange, selbstverständlich zu Unrecht.
;-)

Vielleicht gibt es aber auch so etwas wie eine Schwerhörigenetikette, die ich hier gerade breche, nur weil ich noch gar keine Ahnung habe in diesem Bereich.
Ich meine, das wäre natürlich nicht gerade ein grandioser Einstand in die Welt der Schwerhörigen, wenn ich voll ins Fettnäpfchen trete.

Andererseits würde es sehr gut zu mir passen und ganz ehrlich, ich bin totale Anfängerin, da kann man mir das auch nicht wirklich übel nehmen.

Vorhin sprachen wir am Abendbrottisch über Hörgeräte und ich erklärte - ohne jegliche Ahnung - dass ich das schon irgendwie hinkriegen werde.
Der Optimismus unserer Jüngsten dazu war grandios:

"Ja klar, Mama", sprach das Kind "du kriegst zwar nicht mal den Fernseher an, aber mit so einem Hörgerät willst du klar kommen!"

Die Ironie - oder war es eher Sarkasmus - schwebte förmlich über den Abendbrottisch.
Aber, meine Lieben, eines vergesst ihr:

Wenn ihr alle an Altersschwerhörigkeit erkrankt (ist das dann auch behindert?) und euch mit 87 mühsamst an das Teil im oder am oder ums Ohr herum gewöhnt, mit ich schon lange Hörgerätjunkie, kenne mich bestens aus.
Tja, wer kommt da  wohl zu wem, um um Hilfe zu bitten......






augenBloglich 23.01.2013, 20.00| (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Gedämpfte Welt

Waren Sie schon einmal schwerhörig? Nein? Nun, ich kann es auch nicht unbedingt empfehlen. Genauer gesagt, ich habe schon jetzt, einen Tag nach der Diagnosestellung, die Nase voll. So eine Schwerhörigkeit braucht doch kein Mensch.

Meine Brille zum Beispiel - ja, ich höre nicht nur schlecht, ich sehe auch noch schlecht - stört ja niemanden, da niemand (außer ich selbst) von diesem Teil betroffen ist.
Mit so einer Schwerhörigkeit ist das anders, es nervt die Mitmenschen.
Also jetzt natürlich nicht alle Mitmenschen, aber viele.
Denn, fragt man ständig höflich nach, weil man etwas nicht verstanden hat, verlieren die einen schnell die Lust ihre Aussage zu wiederholen und speisen einen mit: "Schon okay, war nicht so wichtig!" ab, während die anderen entnervt die Augen rollen und einen wahlweise für blöd oder einfach nur für anstrengend halten.

Ich kann das übrigens verstehen. Meine Lust, Sätze mehrfach zu wiederholen, weil mein Gegenüber mich nicht versteht, schwindet auch rapide schnell und ich wäre ganz sicher auch der Typ Mensch, der dann zu einem "Schon okay!" tendieren würde.
(Daran kann man übrigens mal sehen, wie belanglos das Meiste ist, was man so von sich gibt, wenn es nichtmal der Wiederholung wert ist.)

Jedenfalls ist so eine Schwerhörigkeit ja mal in erster Linie mühsam und wer müht sich schon gerne ab?

Dass ich schlecht höre, habe ich  seit dem Herbst gemerkt. Das Radio musste zunehmend lauter gedreht werden, Spülmaschinenpiepsen und Waschmaschinenende hörte ich grundsätzlich sozusagen gar nicht und neulich war es dann das Telefon im Nachbarraum, das ich nicht hörte, wohl aber mein Gegenüber.
Gespräche sind zuweilen anstrengend, manchmal rate ich auch einfach, was mein Gegenüber sagt oder nicke verständig, ein wenig im Dunkeln tappsend, worum es gerade wohl geht.

Natürlich hatte ich schon längst eine Diagnose gestellt: Ohrenschmalz. Selbstverständlich kann das nur am Ohrenschmalz liegen, denn das habe ich mir in all meinen 43 Lebensjahren ja noch nie entfernen lassen.
Es verstopft also alles, so nahm ich an, und darum also mein eher dumpfes Gehör.
Dieses Gefühl ähnlich wie beim Tauchen.
Oder wenn das Flugzeug abhebt.....

Der Arzt wollte sich nun aber partout nicht meiner Meinung anschließen.
Also saß ich in diesem schalldichten Zimmer und machte brav diverse Hörtests.

"Es kann losgehen!", sagte ich dann auch der freundlichen Dame hinter dem Mischpult, als ich schon eine geraume Weile mit diesem Drücker in der Hand da saß und darauf wartete, dass ich drücken konnte, weil ich etwas hörte....

"Öhm", sprach die Dame "wir sind schon mittendrin."

Nett auch dieser Test, bei dem man Zahlen und Wörter nachsprechen muss, die man hört.
Das ist so ähnlich wie beim Sehtest, wenn man anfängt zu raten. "Hm, tja, vielleicht ein C?"
Ich habe also munter alles nachgeplappert, gut, manche Worte kamen mir jetzt seltsam vor, aber bitteschön, ich sollte ja alles, was ich hörte nachsprechen.

In diesem Raum mit Teppich am Boden, an den Wänden, an der Decke sitzt man also da und spricht: "Spott, Arm, Kopf, Fluch, Kreuz, reich....."
Immer in der Hoffnung, man trifft einigermaßen das, was da über den Kopfhörer in Ohr gelangt.
Ich fand mich gut.

Ehrlich.
In der zweiten Runde verstand ich alles wunderbar und schwupps, schon dachte ich, alles halb so wild, wenn es laut genug ist verstehe ich doch alles wunderbar.

Die Schalldichterraumtestdame fand das nicht gut, sondern maximal ausreichend.

Und der Arzt eröffnete mir dann, dass ich nur noch 40% Hörvermögen habe.
Ups.
Gut, es hätte jetzt nicht nochmal seiner expliziten Auführung: "Ein normaler Mensch hat 100 %!" bedurft. Das 40 jetzt eher wenig ist, das war mir wohl direkt klar und ehrlich, ich hätte meine Ohrenschmalzdiagnose irgendwie bevorzugt.

Vor allem: Er hatte es ja noch nichtmal mit dem Ohrenschmalz herausprockeln probiert.
Ich persönlich finde ja, das hätte er ruhig mal tun sollen, aber da ich weiß, wie blöd es ist, wenn sich Fachfremde in den eigenen Job mischen, hielt ich mich mit meinen Eigendiagnosen und Behandlungswünschen zurück.

"Woher kommt denn das?", wollte ich nun aber doch wissen und ich fand die Antwort: "Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich kann nur die Diagnose stellen." jetzt doch ein bisschen dürftig.

Die Frage nach der erblichen Vorbelastung konnte ich dann ja wiederum nicht beantworten, da ich so als Adoptivkind keine Ahnung von dem habe, was meine Familie da an Vorgeschichte mitbringt.
Ich beginne anzunehmen, dass das auch besser so ist.

Also erhielt ich viele bunte Scheine mit vielen Kurven, die mir (noch) gar nichts sagten und man empfahl mir auf Nachfrage einen Akustiker, den ich auch direkt aufsuchte und für Freitag einen Termin vereinbarte.

So. Das war es also. Kurz und schmerzlos. Ich bin schwerhörig und brauche Hörgeräte auf beiden Ohren.

Ich hatte die Diagnose entspannt aufgenommen, denn irgendwie war es irgendwo ja auch klar gewesen - trotz aller Ohrenschmalztheorie.

Die Entspannung ging mir dann im Laufe des Tages ein wenig verloren, als mich so ein kleiner Selbstmitleidschauder überkam und ich einige Tränen verdrücken musste.
Gut, die Hörgeräte an sich sind ja nun nicht schlimm. Ich trage Brille, ich leiste mir ein Doppelkinn, die Hörgeräte fallen da (rein optisch) jetzt auch nicht mehr groß ins Gewicht. Was aber, so kam mir in den Sinn, wenn mein Gehör ganz schwinden wird?

Ich meine, ich habe mir da nie groß Gedanken drüber gemacht.
Man sieht, man hört, man riecht, man schmeckt und diese Lebensselbstverständlichkeiten stellt man nicht infrage oder denkt großartig darüber nach.
Bis gestern.

Also wenn ich jetzt bei 40 % bin und schon über die Hälfte des geräuschvollen Lebens an mir vorbeigeht, was geschieht, wenn das Gehör immer schlechter wird und nach und nach ganz verschwindet?

Ich fing an darüber nachzudenken und kam zu dem Schluss, dass ich besser erst drüber nachdenke, wenn das mal aktuell wird.
Ich meine, ich denke auch nicht darüber nach, was ist, wenn mir morgen ein Stein auf den Kopf fällt.
Gut, die Wahrscheinlichkeit ist jetzt vielleicht auch minimal geringer, aber besser ist es, man nimmt es, wie es kommt und wer weiß schon heute, was morgen ist?

So weise tröstete ich mich und trocknete meine Tränen und bemühte mal das Internet.
Neee, das braucht doch auch kein Mensch.
Jetzt bin ich schwerhörig und habe keine Ahnung von Schwerhörigkeit.
Sowas kann ich ja schonmal gar nicht haben.

Wenn ich mir schon so eine Krankheit zulege, dann muss ich auf jeden Fall alles darüber wissen, was es darüber zu wissen gibt.
Aber wo fängt man an?

Eigentlich finde ich, ich hör ganz gut.
Vielleicht ist das eine Fehldiagnose?
Oder der Arzt hat einen Vertrag mit dem Hörgerätemenschen oder so?

Aaah, die Meisterin des Verdrängens kommt wieder zum Vorschein.
Wenn ich etwas gut kann, dann das: Verdrängen.

Obwohl ich natürlich den Spruch: "Schlecht hören konntest du schon immer gut!" auch sehr oft um die Ohren gepfeffert bekomme.
Und nun ist es offiziell: Stimmt!

Ich las also hier und dort und informierte meine Familie und alle, die es wissen sollten und stieß da jetzt eher auf "taube Ohren" - nein, wie passend.

Hilfreich sind in jedem Fall Kommentare wie: "Das hab ich dir schon immer gesagt!" oder auch Ursachenforschung wie: "Wärste früher mal nicht immer in die lauten Discos gegangen!"

Schön auch diese total genervten Menschen, die so tun, als höre man absichtlich schlecht, nur um sie zu ärgern.

Okay, ich gebe zu, wenn man eine Brille bekommt fragt auch niemand: "Gott, wie fühlst du dich denn jetzt damit!"

(Oder hätte mich das jemand gefragt, hätte ich ihn mindestens für gaga gehalten.)

Aber so ein klein bisschen Mitgefühl hätte doch schon gut getan. So ein kleines, kurzes bisschen Nachfragen.
Ist man "auf dem Ohr" irgendwie sensibler?

Na, das kann ja heiter werden. Mögen die Hormone mal schnell wieder zur Ruhe kommen und dem heiteren Pragmatismus Platz machen.

Schließlich ist es manchmal durchaus von Vorteil, wenn man nicht alles mitbekommt und anhören muss.

Kant allerdings sagte:

"Nicht sehen können trennt von den Dingen – nicht hören können von den Menschen"

Ha, mir fallen auf Anhieb ein paar Menschen ein, die sich freuen würden.....
Keine Chance. Ich hol mir mein Gehör zurück.
So leicht gebe ich nicht auf!

augenBloglich 23.01.2013, 16.26| (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: körperlich

Veränderung

augenBloglich 04.10.2012, 16.50| (0/0) Kommentare | TB | PL | einsortiert in: Gedanken

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Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25