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Blogeinträge (themensortiert)

Thema: körperlich

Der 1. Schultag

Die Einschulung meiner Hörgeräte verlief sehr unspektakulär. Um nicht zu sagen, ich steckte sie an, hinter und in meine Ohren und wartete gespannt darauf, was geschehen würde....

Morgen um sechs ist es im Schulleitungsbüro vor allen Dingen leise. Und das war es auch gestern. Nur unterbrochen vom Ticken der Wanduhr - ja, sie tickt - und Gluckern der Heizung.

Als der weltbeste Hausmeister um halb sieben kam, erklärte ich ihm weitschweifig, dass die Heizung gurgelende Geräusche von sich gibt.
Nur, dass das für den weltbesten Hausmeister gar nichts Neues war.

Später gestaltete sich die Situation dann durchaus schlimm.
Also nicht für mich jetzt, sondern für mein Kollegium, das ad hoc mit einer Schulleiterin leben muss, die nun alles hört.
Vorbei sind die Zeiten des Hinter-dem-Rücken-Lästerns, in der Gewissheit, ich würde das ja eh nicht hören.

Herrlich. Also für mich jetzt.

Im Lehrerzimmer drehte ich mich zu einer hinter mir stehenden Kollegin um und bat sie, nicht so laut die Augenbrauen hochzuziehen.
Ach ja und die Schulklingel war vorher schon schrill, nun tut sie in den Ohren weh.

Aber, und das ist das allerallerschönste, ich habe alle Kinder meiner Klasse wunderbar verstehen können und musste nicht einmal nachfragen. Sie nuscheln gar nicht, die Kinder, sie sprechen klar und deutlich und fanden im übrigen die Hörgeräte faszinierend.

So ganz selbstverständlich trage ich sie noch nicht. Immer noch habe ich das Gefühl des Makels und fühle mich unwohl, schaue, ob andere schauen.

Ich weiß, dass das vorbei gehen wird und ich werde einen Weg finden, damit umzugehen. Nicht zuletzt ist Humor dabei nicht die schlechteste Variante.


augenBloglich 29.01.2013, 05.33 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Es raschelt....

Himmel, ich wusste ja nicht, dass ich derartig sonderbare Geräusche verursache.Zum Beispiel beim Anziehen. Ich meine, raschelt das immer so oder raschelt das jetzt nur wegen der Hörgeräte?
Oder beim Gehen. Ich raschle beim Gehen. Das möcht ich nicht.
Rascheln alle Menschen beim Gehen? Ich muss das mal beobachten und erhören.
Schön auch, dass mein Blinker nun tickert und ich unten höre, wenn die Tochter oben Musik anmacht. Und ich dachte immer, der Gatte stellt sich an.....

Außerdem habe ich erstmal allen Mitmenschen hier im Hause mitgeteilt, dass sie mich bitte nicht so anschreien mögen.
Augenrollen.
Ich ernte alleweil Augenrollen, nur weil ich gänzlich fasziniert bin von diesen kleinen Teilen hinter meinen Ohren.

Also hübsch finde ich sie ja immer noch nicht.
Ich geriet sogar kurzzeitig in Versuchung beim heutigen Friseurbesuch anzudeuten, ich bräuchte eine neue Frisur, um Teilchen und Schläuche zu verdecken, aber dann erschien mir das auch wieder zu mühsam und ich zuppelte das Kurzhaar drüber.
Najal, weitgehend.

Ich finde auch, dass sich das hinter meinen Ohren jetzt ganz schön knubbelt. Brillenbügel und Hörteile, also mehr passt da jetzt beim besten Willen nicht hin.

Schön auch, dass ich meine eigene Stimme nun immer durch das Mikrofon höre. Das hat so ein bisschen was von Bahnhofshallenakustik. Allerdings wurde mir das angekündigt und auch, dass ich mich nach drei Tagen daran gewöhnt hätte.

"Hängen Sie sich das Hörgerät wie Zwillingskirschen einfach hinter die Ohren!", war der Ratschlag der Akustikerin. Keine Ahnung, was die für Zwergkirschen isst, also die Teile  jedenfalls lassen sich mal nicht so einfach hinter die Ohren klemmen. Entweder steht der olle Schlauch (es soll ein Kabel sein) ab oder es drückt im Ohr oder hinterm Ohr verrutscht was.
Also jedenfalls, wenn man wie ich, hektisch die Teile anbringen will.
Lässt man sich ein paar Minuten Zeit klappt alles wunderbar. Sitzt, funktioniert und ist allerdings auch weiterhin unhübsch.
Gut, man kann nicht alles haben.

Dafür höre ich nun Fliegen pupsen. Auf Dauer ist das etwas anstrengend, wie ich finde, mir war ja auch nicht klar, wie viele unwichtige Geräusche es so gibt in meinem Leben.

Allerdings wiegen die wichtigen Geräusche, die ich nun wunderbar klar und deutlich höre, alles andere auf.

Ich gehe den anderen Menschen auch nur minimal auf den Geist mit meinen ständigen Fragen, ob die Teile deutlich zu sehen sind, eher nicht zu sehen sind, mit gezuppelten Haaren noch weniger zu sehen sind oder gar überhaupt nicht zu sehen sind.

Wie sagte die Tochter so schön:
"Ist doch cool, jetzt denken alle du bist Agentin oder Bodyguard, die haben auch immer so Prömmel aus dem Ohr schauen!"

Prömmel.
Nein, schön, wirklich.
Ich wollte schon immer mal beprömmelt sein.

Übrigens, der Toillettendeckel klackert, wenn er sich schließt.
Nur, dass wir mal kurz drüber gesprochen haben.
:-)



augenBloglich 26.01.2013, 17.20 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Entdramatisierung

Spätestens als das Wort "Bluetooth" fiel, war ich wieder ausgesöhnt mit dem Gedanken, dass mir fortan im wahrsten Sinne des Wortes, "alles aus den Ohren hängen" wird.
Die Akustikerin nahm sich sehr viel Zeit für mich, meine Fragen und Sorgen und so trage ich sie nun, diese kleinen Hightechteile und höre die Maus wieder klicken, die Zeitung wieder rascheln, die dröhnende Musik aus dem Zimmer unserer Ältesten.....

Bis nächsten Freitag werde ich sie testen und vielleicht bis dahin auch lernen, die Dinger mühelos hinter mein Ohr zu klemmen.
Man sollte meinen, dass das problemlos geht, aber so kann man sich täuschen.

Natürlich ist die Technik nicht unsichtbar und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass es mich nicht stört.
ABER der Besuch bei der Akustikerin heute hat die Situation für mich ganz deutlich entdramatisiert,
Gut, die Tatsache, dass die anderen Menschen dort vor Ort alle jenseits der 80 schienen und die ausliegenden Zeitschriften eher für Senioren gedacht waren, hat mich jetzt nicht sonderlich aufgemuntert, aber endlich senke ich mal den Schnitt (wo ich ihn doch mittlerweile eher überall hebe).

Das Leben hält in der Tat viel mehr Geräusche bereit, als ich in den letzten Monaten mitbekommen habe und allein das hat mir heute schon manches erstaunte Lächeln ins Gesicht gezaubert.


augenBloglich 25.01.2013, 17.27 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Und das ist auch gut so?

Ich las gerade, in einer ruhigen Stunde das Buch "Ich bin schwerhörig - und das ist auch gut so!"
Obwohl dieses Buch ein sehr positives Buch ist und ich mich an vielen Stellen wiedererkenne, hat die Lektüre nicht das bewirkt, was ich erhofft hatte.
Nicht dieses Gefühl: Du schaffst das schon, alles ist halb so schlimm! geschaffen, sondern mich eher mit einer dumpfen Wut nahe den Tränen hier sitzen lassen.

Ich will das nicht!

Ich habe mich eingerichtet in meiner 40% Welt und - so scheint es - ich komme doch wunderbar klar. Wer braucht schon 100%?

Mich lähmt der Gedanke an diesen langen, mühsamen Weg, da der jetzt vor mir liegt.
Ich will nicht nachdenken müssen über Hörkurven und ständig zu einem Akustiker rennen müssen.
Ich will keine Hörgeräte, deren Batterien in den unmöglichsten Momenten leer sind, die pfeifen oder ein sonstiges Eigenleben führen.

Ich mag mich nicht entscheiden müssen, welche Töne ich wie und womit besser höre und welche unterdrückt werden sollten.
Ich möchte keine Schläuche im Ohr haben und auch nix hinter meinen Ohren.
Mein Leben ist auch so ausgefüllt genug, ich brauche nicht noch Ohren, die einer Sonderbehandlung bedürfen.

Ich werde meine Mitmenschen nerven mit diesem neuen Equipment und ich bin so voller Zweifel. ob der Aufwand lohnt und so voller Wut, weil ich all das nicht brauchen kann in meinem kleinen Leben.
Und auch so voller Traurigkeit, weil wieder einmal etwas in/an/mit meinem Körper nicht so funktioniert, wie ich es gerne hätte.
Vielleicht auch voller Angst ob der Gleichsetzung von Schwerhörigkeit mit Dummheit.

Und höchstwahrscheinlich voller Undankbarkeit gegenüber der Technik, die mein Leben ja eigentlich schon ganz bald wieder bereichern soll.

augenBloglich 24.01.2013, 15.47 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

es drückt

Als ich noch an die Ohrenschmalztheorie glaubte, machte es mir nicht viel aus, dieses beständige Dauerdruckgefühl auf beiden Ohren.
So als säße man ununterbrochen im Flugzeug oder gleite immer tiefer hinab ins Wasser.
Ich dachte ja, es ginge vorbei, es sei ein vorübergehender Zustand, etwas, das sporadisch auftritt und bald vergessen wäre.

Ich habe den Druck kaum wahrgenommen und ich nicht beachtet. Damit ließ es sich gut leben.
Die Psyche ist vetrackt. Kaum weiß ich, dass der Druck ein Sympton der Schwerhörigkeit ist, achte ich ununterbrochen  auf ihn, spüre ihn viel intensiver und ja, er stört mich.

Es tut nicht weh, im Sinne von fiesen Schmerzen, aber es macht meinen Kopf dicht, es fokussiert meine Gedanken auf die Ohren und es fühlt sich so falsch an, so im wahrsten Sinne des Wortes beDRÜCKEND.

So, als verstopfe irgendwas die Ohren. So, als müsse man es einfach nur herausholen und, um wieder freies Gehör auf alles haben zu können.

Der stete Druck macht alles dumpf, vernebelt, unklar.
Es ist nun, als höre ich nach innen und nicht mehr nach außen und so sehr ich mich bemühe, meine Psyche hat mich da momentan ganz fest im Griff.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Kopf irgendwann wieder freier wird, im Sinne von befreit von diesem Druck, weil ich noch viel zu wenig Ahnung habe, aber falls nicht, so bin ich mir sicher, dass die Psyche einen Weg finden wird, sich mit diesem Druck zu arrangieren.
Das ging vor der Diagnose und das wird auch nach der Diagnose wieder möglich sein.

Es wäre ja auch furchtbar, wenn ich fortan immer mit der Fokussierung auf diesen Wummerkopf durchs Leben gehen müsste.

Schließlich bietet das Leben ja durchaus auch noch andere Baustellen, die bearbeitet werden müssen.
Die Ohren brauchen da gar nicht erst auf die Idee zu kommen, eine bevorzugte Stellung einzunehmen.
Auch wenn sie sich derzeit noch so sehr bemühen.

augenBloglich 24.01.2013, 13.48 | (0/0) Kommentare | TB | PL

behindert versus krank

Ich taste mich langsam und misstrauisch an diesen neuen Lebensbereich heran und das Internet mein Medium ist, habe ich erst einmal nach Blogs geschaut, die zum Thema pasen.
Zunächst landete ich hier.  Ich klickte mich so durch die Seiten und las unter anderem die Rubrik "Schwerhörigkeit verstehen".
Anschließend fiel ich in eine mittelschwere Depression, nur aufzufangen durch Unmengen von Schokolade, die leider nicht im Hause war, also ging ich duschen.....

Das Spannende an Blogs ist ja immer, dass man die Vielseitigkeit von Lebenswegen und Bewältigungsprozessen mitverfolgen kann.
Mal passt es und man fühlt sich in einem Blog sofort heimisch, mal hilft nur rasche Distanz zur Schonung des eigenen Seelenheils.
In diesem Falle zog ich es nach halbstündigem Lesen vor, zu gehen.

Ich mag nicht in unendlicher Traurigkeit, uferlosem Frust und einer echten Depression enden - das ist nicht mein Weg.
Ich weiß, da werden diese Momente und Augenblicke kommen, aber solange es mir gelingt auch die komischen Momente wahrzunehmen und das Positive, solange ist mein Leben lebenswert, unabhängig von Krankheit oder Behinderung.
Krank, so las ich nun an vielen Stellen heraus, krank bin ich nicht, sondern behindert.

Nö.
Das gefällt mir nicht.
Krankheit ist mir sympathischer. Es hat nicht so etwas Endgültiges, dafür diese gewisse Prise Leid, mit der man bei den Mitmenschen punkten kann.

"Komm, nimm eine Wärmflasche, leg dich ins Bett und ruh dich aus!"

Gut, das mit der Wärmeflasche wird nicht funktionieren und das Ausruhen bringt das Gehör auch nicht wieder auf 100%, aber das mit der Behinderung klingt so nach Einschränkung und auch wenn das der Realität entspricht, bin ich da jetzt nicht unbedingt ein Freund von.....

Vor allem ist das so ein sensibles Thema. Man weiß nie, wem man auf die Füße tritt und  was man wie formulieren darf und überhaupt.
Bei einer Krankheit ist das irgendwie einfacher.
Also ich will lieber ohrkrank sein - nicht, dass ich es mir aussuchen könnte.

Ich las dann auch davon, wie Schwerhörige sich für ihre Schwerhörigkeit entschuldigen. Und ich habe mal überlegt, wie ich in den letzten Monaten damit umgegangen bin.

Wenn ich etwas nicht verstanden habe, also akustisch, dann sagte  ich immer freundlich "Wie bitte?" und so, als verstünden meine Mitmenschen nicht, ergänzte ich immer noch erklärend: "Ich höre so schlecht!"

Meistens kam dann ein witziger Spruch und wir lachten gemeinsam - immer annehmend, dass ich lediglich ein Dreckohrenproblem habe und keine ernsthafte Hörstörung.
Also Hörstörung ist doch auch mal ein gutes Wort.

Ich kann mich mit vielen neuen Adjektiven schmücken: krank, behindert, gestört.
Letzteres vermuteten etliche Personen schon lange, selbstverständlich zu Unrecht.
;-)

Vielleicht gibt es aber auch so etwas wie eine Schwerhörigenetikette, die ich hier gerade breche, nur weil ich noch gar keine Ahnung habe in diesem Bereich.
Ich meine, das wäre natürlich nicht gerade ein grandioser Einstand in die Welt der Schwerhörigen, wenn ich voll ins Fettnäpfchen trete.

Andererseits würde es sehr gut zu mir passen und ganz ehrlich, ich bin totale Anfängerin, da kann man mir das auch nicht wirklich übel nehmen.

Vorhin sprachen wir am Abendbrottisch über Hörgeräte und ich erklärte - ohne jegliche Ahnung - dass ich das schon irgendwie hinkriegen werde.
Der Optimismus unserer Jüngsten dazu war grandios:

"Ja klar, Mama", sprach das Kind "du kriegst zwar nicht mal den Fernseher an, aber mit so einem Hörgerät willst du klar kommen!"

Die Ironie - oder war es eher Sarkasmus - schwebte förmlich über den Abendbrottisch.
Aber, meine Lieben, eines vergesst ihr:

Wenn ihr alle an Altersschwerhörigkeit erkrankt (ist das dann auch behindert?) und euch mit 87 mühsamst an das Teil im oder am oder ums Ohr herum gewöhnt, mit ich schon lange Hörgerätjunkie, kenne mich bestens aus.
Tja, wer kommt da  wohl zu wem, um um Hilfe zu bitten......






augenBloglich 23.01.2013, 20.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Gedämpfte Welt

Waren Sie schon einmal schwerhörig? Nein? Nun, ich kann es auch nicht unbedingt empfehlen. Genauer gesagt, ich habe schon jetzt, einen Tag nach der Diagnosestellung, die Nase voll. So eine Schwerhörigkeit braucht doch kein Mensch.

Meine Brille zum Beispiel - ja, ich höre nicht nur schlecht, ich sehe auch noch schlecht - stört ja niemanden, da niemand (außer ich selbst) von diesem Teil betroffen ist.
Mit so einer Schwerhörigkeit ist das anders, es nervt die Mitmenschen.
Also jetzt natürlich nicht alle Mitmenschen, aber viele.
Denn, fragt man ständig höflich nach, weil man etwas nicht verstanden hat, verlieren die einen schnell die Lust ihre Aussage zu wiederholen und speisen einen mit: "Schon okay, war nicht so wichtig!" ab, während die anderen entnervt die Augen rollen und einen wahlweise für blöd oder einfach nur für anstrengend halten.

Ich kann das übrigens verstehen. Meine Lust, Sätze mehrfach zu wiederholen, weil mein Gegenüber mich nicht versteht, schwindet auch rapide schnell und ich wäre ganz sicher auch der Typ Mensch, der dann zu einem "Schon okay!" tendieren würde.
(Daran kann man übrigens mal sehen, wie belanglos das Meiste ist, was man so von sich gibt, wenn es nichtmal der Wiederholung wert ist.)

Jedenfalls ist so eine Schwerhörigkeit ja mal in erster Linie mühsam und wer müht sich schon gerne ab?

Dass ich schlecht höre, habe ich  seit dem Herbst gemerkt. Das Radio musste zunehmend lauter gedreht werden, Spülmaschinenpiepsen und Waschmaschinenende hörte ich grundsätzlich sozusagen gar nicht und neulich war es dann das Telefon im Nachbarraum, das ich nicht hörte, wohl aber mein Gegenüber.
Gespräche sind zuweilen anstrengend, manchmal rate ich auch einfach, was mein Gegenüber sagt oder nicke verständig, ein wenig im Dunkeln tappsend, worum es gerade wohl geht.

Natürlich hatte ich schon längst eine Diagnose gestellt: Ohrenschmalz. Selbstverständlich kann das nur am Ohrenschmalz liegen, denn das habe ich mir in all meinen 43 Lebensjahren ja noch nie entfernen lassen.
Es verstopft also alles, so nahm ich an, und darum also mein eher dumpfes Gehör.
Dieses Gefühl ähnlich wie beim Tauchen.
Oder wenn das Flugzeug abhebt.....

Der Arzt wollte sich nun aber partout nicht meiner Meinung anschließen.
Also saß ich in diesem schalldichten Zimmer und machte brav diverse Hörtests.

"Es kann losgehen!", sagte ich dann auch der freundlichen Dame hinter dem Mischpult, als ich schon eine geraume Weile mit diesem Drücker in der Hand da saß und darauf wartete, dass ich drücken konnte, weil ich etwas hörte....

"Öhm", sprach die Dame "wir sind schon mittendrin."

Nett auch dieser Test, bei dem man Zahlen und Wörter nachsprechen muss, die man hört.
Das ist so ähnlich wie beim Sehtest, wenn man anfängt zu raten. "Hm, tja, vielleicht ein C?"
Ich habe also munter alles nachgeplappert, gut, manche Worte kamen mir jetzt seltsam vor, aber bitteschön, ich sollte ja alles, was ich hörte nachsprechen.

In diesem Raum mit Teppich am Boden, an den Wänden, an der Decke sitzt man also da und spricht: "Spott, Arm, Kopf, Fluch, Kreuz, reich....."
Immer in der Hoffnung, man trifft einigermaßen das, was da über den Kopfhörer in Ohr gelangt.
Ich fand mich gut.

Ehrlich.
In der zweiten Runde verstand ich alles wunderbar und schwupps, schon dachte ich, alles halb so wild, wenn es laut genug ist verstehe ich doch alles wunderbar.

Die Schalldichterraumtestdame fand das nicht gut, sondern maximal ausreichend.

Und der Arzt eröffnete mir dann, dass ich nur noch 40% Hörvermögen habe.
Ups.
Gut, es hätte jetzt nicht nochmal seiner expliziten Auführung: "Ein normaler Mensch hat 100 %!" bedurft. Das 40 jetzt eher wenig ist, das war mir wohl direkt klar und ehrlich, ich hätte meine Ohrenschmalzdiagnose irgendwie bevorzugt.

Vor allem: Er hatte es ja noch nichtmal mit dem Ohrenschmalz herausprockeln probiert.
Ich persönlich finde ja, das hätte er ruhig mal tun sollen, aber da ich weiß, wie blöd es ist, wenn sich Fachfremde in den eigenen Job mischen, hielt ich mich mit meinen Eigendiagnosen und Behandlungswünschen zurück.

"Woher kommt denn das?", wollte ich nun aber doch wissen und ich fand die Antwort: "Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich kann nur die Diagnose stellen." jetzt doch ein bisschen dürftig.

Die Frage nach der erblichen Vorbelastung konnte ich dann ja wiederum nicht beantworten, da ich so als Adoptivkind keine Ahnung von dem habe, was meine Familie da an Vorgeschichte mitbringt.
Ich beginne anzunehmen, dass das auch besser so ist.

Also erhielt ich viele bunte Scheine mit vielen Kurven, die mir (noch) gar nichts sagten und man empfahl mir auf Nachfrage einen Akustiker, den ich auch direkt aufsuchte und für Freitag einen Termin vereinbarte.

So. Das war es also. Kurz und schmerzlos. Ich bin schwerhörig und brauche Hörgeräte auf beiden Ohren.

Ich hatte die Diagnose entspannt aufgenommen, denn irgendwie war es irgendwo ja auch klar gewesen - trotz aller Ohrenschmalztheorie.

Die Entspannung ging mir dann im Laufe des Tages ein wenig verloren, als mich so ein kleiner Selbstmitleidschauder überkam und ich einige Tränen verdrücken musste.
Gut, die Hörgeräte an sich sind ja nun nicht schlimm. Ich trage Brille, ich leiste mir ein Doppelkinn, die Hörgeräte fallen da (rein optisch) jetzt auch nicht mehr groß ins Gewicht. Was aber, so kam mir in den Sinn, wenn mein Gehör ganz schwinden wird?

Ich meine, ich habe mir da nie groß Gedanken drüber gemacht.
Man sieht, man hört, man riecht, man schmeckt und diese Lebensselbstverständlichkeiten stellt man nicht infrage oder denkt großartig darüber nach.
Bis gestern.

Also wenn ich jetzt bei 40 % bin und schon über die Hälfte des geräuschvollen Lebens an mir vorbeigeht, was geschieht, wenn das Gehör immer schlechter wird und nach und nach ganz verschwindet?

Ich fing an darüber nachzudenken und kam zu dem Schluss, dass ich besser erst drüber nachdenke, wenn das mal aktuell wird.
Ich meine, ich denke auch nicht darüber nach, was ist, wenn mir morgen ein Stein auf den Kopf fällt.
Gut, die Wahrscheinlichkeit ist jetzt vielleicht auch minimal geringer, aber besser ist es, man nimmt es, wie es kommt und wer weiß schon heute, was morgen ist?

So weise tröstete ich mich und trocknete meine Tränen und bemühte mal das Internet.
Neee, das braucht doch auch kein Mensch.
Jetzt bin ich schwerhörig und habe keine Ahnung von Schwerhörigkeit.
Sowas kann ich ja schonmal gar nicht haben.

Wenn ich mir schon so eine Krankheit zulege, dann muss ich auf jeden Fall alles darüber wissen, was es darüber zu wissen gibt.
Aber wo fängt man an?

Eigentlich finde ich, ich hör ganz gut.
Vielleicht ist das eine Fehldiagnose?
Oder der Arzt hat einen Vertrag mit dem Hörgerätemenschen oder so?

Aaah, die Meisterin des Verdrängens kommt wieder zum Vorschein.
Wenn ich etwas gut kann, dann das: Verdrängen.

Obwohl ich natürlich den Spruch: "Schlecht hören konntest du schon immer gut!" auch sehr oft um die Ohren gepfeffert bekomme.
Und nun ist es offiziell: Stimmt!

Ich las also hier und dort und informierte meine Familie und alle, die es wissen sollten und stieß da jetzt eher auf "taube Ohren" - nein, wie passend.

Hilfreich sind in jedem Fall Kommentare wie: "Das hab ich dir schon immer gesagt!" oder auch Ursachenforschung wie: "Wärste früher mal nicht immer in die lauten Discos gegangen!"

Schön auch diese total genervten Menschen, die so tun, als höre man absichtlich schlecht, nur um sie zu ärgern.

Okay, ich gebe zu, wenn man eine Brille bekommt fragt auch niemand: "Gott, wie fühlst du dich denn jetzt damit!"

(Oder hätte mich das jemand gefragt, hätte ich ihn mindestens für gaga gehalten.)

Aber so ein klein bisschen Mitgefühl hätte doch schon gut getan. So ein kleines, kurzes bisschen Nachfragen.
Ist man "auf dem Ohr" irgendwie sensibler?

Na, das kann ja heiter werden. Mögen die Hormone mal schnell wieder zur Ruhe kommen und dem heiteren Pragmatismus Platz machen.

Schließlich ist es manchmal durchaus von Vorteil, wenn man nicht alles mitbekommt und anhören muss.

Kant allerdings sagte:

"Nicht sehen können trennt von den Dingen – nicht hören können von den Menschen"

Ha, mir fallen auf Anhieb ein paar Menschen ein, die sich freuen würden.....
Keine Chance. Ich hol mir mein Gehör zurück.
So leicht gebe ich nicht auf!

augenBloglich 23.01.2013, 16.26 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

essgestört

Heute morgen zeigte die Waage genau 85 Kilo an.
Mein zweites Etappenziel - dass ich nicht vor Stolz geplatzt bin ist alles.

Die Ernährungsumstellung hat geklappt. Dachte ich.....

Nun war heute ein ganz furchtbarer Tag. Ich stand heftigst unter Termindruck, musste ungeplant die jüngste Tochter aus der Schule abholen, da es ihr nicht gut ging und ziemlich viel hin und her organisieren.
Nebenher mussten wichtige Unterlagen geschrieben und vollendet werden.

Alles in allem - es war arg stressig und ich lief konstant auf Hochtouren.

Es kam, wie es eigentlich kommen musste, ich stopfte gerade wahllos eine Pizza und ein ein dickes Eis in mich hinein.

Ich ließ mir gar keine Zeit zum Überlegen, denn mir war klar, mein Kopf wusste genau, was da warum falsch lief.

Es ging nicht um Hunger. Ich hatte keinen. Es war diese Gier, die mich gerne in stressigen Situationen überfällt, geradeso, als wolle ich mich mit Essen belohnen, den Frust wegessen.
Das natürlich ist gänzlich irrational, da mit jedem Biss neuer Frust in mich hineingeschaufelt wird.

In diesen Momenten wird mir klar, dass ich eindeutig an einer Essstörung leide.

Ich bin nun nicht in ein tiefes Loch gefallen, weil ich die Pizza und das Eis verschlungen habe, ich finde es nur bedauerlich, dass ich nicht einmal in der Lage war und bin, das Essen dann wenigstens zu genießen.

Es wird mir nicht weiter schwerfallen, morgen einfach weiter zu machen, mit dem, was ich Anfang des Jahres begonnen habe, aber ich weiß, ich bin vor derartigen Momenten des Rückfalls keineswegs geschützt, weil ich noch keine Alternative für mich entdeckt habe.

Der Körper giert nach Fett und Süßem und statt ihm etwas wirklich Wohltuendes zu gönnen, gebe ich ungefragt nach und überlasse mich dieser hässlichen allesverschlingenden Gier.

Und die Angst besteht darin, dieser Gier nicht nur zu verfallen, sondern sich ihr anzugleichen.

Es hilft nur ihr ins Auge zu sehen, um ihr widerstehen zu können.

augenBloglich 24.02.2009, 19.14 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Gespräch unter Dicken

Sie: "Wow, wie viel hast Du abgenommen!"

Ich: "12,5 Kilo!"

Sie: "Klasse, was machste? Schlank im Schlaf?"

Ich: "Nein, ich habe die Ernährung umgestellt, versuche mehrmals in der Woche Dinner Cancelling und gehe mindestens dreimal die Woche ins Fitnessstudio!"

Sie: "Siehste, dazu fehlt mir die Zeit!"



Das wäre noch vor wenigen Wochen auch mein Spruch gewesen.
Frei nach dem Motto, ich würde ja gerne abnehmen, aber ich habe keine Zeit dafür.

Ich fand mich gestern in meinem Gegenüber wieder.
Wahlweise kommt auch gerne: "Abnehmen ist so teuer.......!"

Mit diesen Lügen beruhigt man das eigene Gewissen ganz wunderbar.
Natürlich wusste ich immer wenn ich so etwas sagte, dass es eine Lüge ist.
Vorgeschoben, um nicht den unbequemen Weg gehen zu müssen.

Aber was der Kopf weiß muss er noch lange nicht einsehen.

Ich reagierte regelmäßig sehr empört, wenn mir jemand sagte, ich müsse mehr Sport treiben.

Neben Beruf, Familie und Haushalt nun auch noch Sport?
Klar, ich kann mich ja aufteilen.

Natürlich ist das Quatsch.

Ich wusste es, ich weiß es, aber das schützt nicht davor, wieder in diese Verhaltensmuster zu verfallen.

Manchmal habe ich regelrecht Angst davor, wieder zurückzufallen in alte Gewohnheiten, den unbequemen Weg abzubrechen, den bequemen zu gehen.

Zeit ist immer relativ.

Weniger Zeit am Computer, weniger Zeit mit einem Buch auf dem Sofa und schon passt das mit dem Fitnessstudio.

Aber die Psyche will überlistet werden und der innere Schweinehund bellt nicht nur laut.
Er beißt auch gerne mal zu.


augenBloglich 23.02.2009, 11.33 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Das Stiefel Trauma

Mit Überschreiten eines gewissen Fettheitsgrades konnte ich natürlich keine Stiefel mehr tragen.
Selbstverständlich gibt es Weitschaftstiefel, aber bislang fand ich kein schönes Exemplar.
Also kaufte ich grundsätzlich die Stiefel, die mir gefielen und wandte die diversen Tricks aller dicken Stiefelträgerinnen an.
Als da wären den Reißverschluss nicht ganz zu verschließen oder aber den Stiefel derart nach unten zu shoppen, dass sich das Leder wellig über die Fußknöchel schlägt.

Ja, im Grunde hat man dann keinen Stiefel mehr, nur wellenschlagendes Leder am Fußknöchel, aber als dicker Mensch trickst man die eigene Psyche doch immer mal wieder gerne aus.

Ich habe mir vor drei Wochen neue Stiefel gekauft.
Natürlich ohne Weitschaft, dafür aber wunderschön.

Ich probiere die Teile ja grundsätzlich nicht im Laden an, weil ich es tunlichst vermeide, dass eine Verkäuferin durch den ganzen Laden brüllt:

"Heee, Eva, ham wa noch Weitschaft?"


Erst zu Hause bewunderte ich meine neuen Stiefel und zog sie denn auch an.
Sie passten nicht.
Ich meine, sie passten am Fuße wunderbar, aber meine Waden waren doch mal wieder bzw. immer noch zu stramm geraten - welch alberne Umschreibung.

Ich shoppte also weiterhin und als mir das zu blöde wurde, stellte ich die Teile in die Ecke.

Heute nun, zu meinem grandiosen Hexenkostüm, das ich zum Schulkarneval trug, kramte ich die Stiefel wieder heraus.

Ich zog sie, zog den Reißverschluss hoch und dachte, ich seh nicht recht:

Er ließ sich mühelos bis oben hin zu ziehen!

Ein unglaubliches Erlebnis, wie ich gestehen muss.

Die Waage zeigt 85,3 Kilo was bedeutet, 12,3 Kilo sind weg.

Einige Gramm anscheinend auch an der Wade.

Ich lege mein Trauma ad acta.

Wow, welch ein Gefühl!

augenBloglich 19.02.2009, 17.26 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

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Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25