Augenbloglich

du-trennst-dich-einfach-nie-allein - augenBLOGlich - DesignBlog

Ausgewählter Beitrag

Du trennst dich einfach nie allein

Die meist gesehene Geste in den vergangenen Wochen, die meine Gegenüber intuitiv machten, nachdem ich ihnen berichtete, dass ich mich von meinem Mann getrennt habe, war, spontan die Hände vor den weit offenstehenden Mund zu legen.


Wahlweise hörte man zeitgleich ein ungläubiges Stöhnen oder einen entsetzten Ausruf alá „Oh mein Gott!“ oder (mein persönliches Highlight): „Muss das denn sein?“

 


(Nein, es muss natürlich nicht sein. Wir sitzen hier spontan und unüberlegt, aus einer heiteren Laune heraus und geben bekannt, dass wir uns nach 14 Jahren Zusammensein - und mit zwei wundervollen Töchtern gesegnet - trennen!)

 


Häufig schienen die anderen Menschen trostbedürftiger als ich selber und so versicherte ich immer rasch: „Das ist okay so, wirklich!“


Im Großen und Ganzen trennt man sich offensichtlich grundsätzlich nie allein. Die allermeisten Menschen, seien es gute Freunde oder flüchtige Bekannte, haben natürlich eine Meinung zu deiner Trennung und vor allem – ob selber je getrennt oder nicht – wissen die meisten, wie man sich zu trennen hat und wie man sich bitte – das erscheint besonders wichtig – dabei zu fühlen hat.


Ohne die Menschen in Schubladen zwängen zu wollen, haben sich in der vergangenen Wochen folgende Reaktionstypen herauskristallisiert.


Zunächst wären da die weltwichtigsten Menschen und engsten Vertrauten, die hinter einem stehen, es haben kommen sehen, die Qual der letzten Jahre mitverfolgten, den steinigen Weg begleitet haben und nun immer für einen da sind, kompromisslos und wie ein Fels in der Brandung.


Ohne diese Menschen wären die letzten Wochen weitaus bitterer gewesen, es wären sicherlich noch mehr Tränen geflossen und wer weiß, ob nicht im letzten Moment meinerseits ein fataler Rückzieher gemacht worden wäre.


Dann gibt es die Mitleidenden. Die, die sehr betrübt, traurig, manchmal fassungslos reagieren und die helfen möchten, nicht wissen wie und unsagbares Mitleid haben mit uns Betroffenen.


Diese Menschen meinen es allesamt gut mit uns und schon manches Mal konnte ich sie trösten in der Gewissheit, es ist gut so, wie es gekommen ist.


Die Pragmatiker nehmen zur Kenntnis, haken ab und trauen uns zu, dass wir schon wissen, was wir tun. Es gibt, zu Recht, Wichtigeres in ihrem Leben, die Erde dreht sich weiter und letztlich ist eben nur das, was es ist: Eine Trennung im Guten.


Schwierig sind jene, die zornig sind, zaudern und nicht akzeptieren können, dass wir einen anderen als den erhofften Weg gehen. Diejenigen, die mit aller Macht und großer Hysterie versuchen, uns in ungewollte neue Chancen zu zwängen. Die Schuld zusprechen und Vorwürfe auf uns niederprasseln lassen. Glücklicherweise ist dies eine sehr überschaubare Minderheit, eine, die aber offensichtlich am meisten leidet und sich mit dem Gedanken plagt, was mögen wohl die Leute denken?


Wobei sich mir immer direkt und unmittelbar die Frage aufdrängt, von welchen „Leuten“ da die Rede ist?


„Die Leute“ haben mich noch nie interessiert, wenn es um rein persönliche Lebensentscheidungen geht, insofern lasse ich das Problem bei den zornigen Zauderern.


Am spannendsten zu beobachten aber sind die Enttäuschten.


Sie sind nicht etwa enttäuscht darüber, dass unsere Ehe am Ende ist, wir uns freundlich aber bestimmt trennen, nein, sie hofften auf eine klatschwürdige Schlammschlacht, die bislang und hoffentlich auch in Zukunft ausblieb.


Diese Menschen, jahrelang verschollen und nicht gesehen, kommen nun aus ihren „Löchern“ gekrochen  und warten darauf, die skandalträchtigen und klatschwürdigen Details unserer Trennung genüsslich auszuschlachten.


Und nun gibt es nichts zum Ausschlachten – man stelle sich diese Enttäuschung vor


Meist sind es Menschen, die selber eine unschöne Trennung hinter sich haben und nun voller Freude darauf blicken, dass es anderen ja auch so ergehen mag.


In Ermangelung von Streitigkeiten über die sie nun klatschen und tratschen können, diskutieren  sie unseren Weg in epischer Breite und Länge und stellen sämtliche unserer Entscheidungen infrage.


Auch gerne genommen, die Frage nach dem finanziellen Aspekt so einer Trennung. Auch hier große Enttäuschung, wenn das nicht breitgetreten und ausgeschlachtet werden kann.

 

So eine Trennung ist spannend. Sie offenbart nicht nur tiefe Einblicke in einen selbst und den Ex-Partner, sie zeigt schonungslos und deutlich, wer einem wohlgesonnen ist, wer Verständnis hat, wer liebt und akzeptiert und wer lediglich um sich selber kreist.

 

Manchmal ist es schwierig, sich nicht von seinem eigenen Weg abbringen zu lassen, den zugewiesenen Schuldigkeiten auszuweichen bzw. sie zu ignorieren. Dennoch glaube ich fest an unseren Weg.


Es ist, wie ich neulich im Radio hörte 


[Oh Gott, ich zitiere Andreas Bourani, nicht, dass jemand denkt, dies sei meine bevorzugte Musikrichtung! ;-)]

 

„Mein Herz schlägt schneller als deins,
sie schlagen nicht mehr wie eins
Wir leuchten heller allein,
vielleicht muss es so sein“

 

Und jene, die in dieser unvollständigen Auflistung fehlen, sind die, von denen wir nicht wissen, was sie denken und reden, da sie bevorzugt über uns, aber nicht mit uns reden.


Möglicherweise sind dies genau jene „Leute“, von denen ich zuvor gesprochen habe.


Jene, die vielleicht nicht das befreite Gefühl kennen oder je gespürt haben, das durch den Körper fährt, wenn man sich aus lähmenden Bindungen befreit und von der schmerzenden Passivität in eine konstruktive Aktivität gleitet.


Oder denen die Vorstellungskraft fehlt daran zu glauben, dass man sich einvernehmlich und freundschaftlich trennen kann.


Sie tun mir Leid, diese Menschen. Aber mein Leben ist zu wichtig für mich, um ihnen eine gute Show zu bieten.


Nein, man trennt sich nicht allein, weil zu viele Menschen mitbetroffen sind.

Aber letzlich trennt man sich zumindest "für einen selbst!" Und das ist gut so!

augenBloglich 28.12.2014, 11.09

Kommentare hinzufügen

Die Kommentare werden redaktionell verwaltet und erscheinen erst nach Freischalten durch den Bloginhaber.



Kein Kommentar zu diesem Beitrag vorhanden

Internes
Letzte Kommentare:
Rosi:
hihiein toller Berichtich hätte mich schon g
...mehr
angelface:
am LIebsten würde ich dir ja laut zurufen:"
...mehr
Herr Rau:
"Paket! Paket!"Sehr mutig, all das. (Ein biss
...mehr
Anja:
Ich hab grad Tränen gelacht. an Apple a
...mehr
Anja:
Yes. Auch eines meiner Learnings
...mehr
Shoutbox

Captcha Abfrage



Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25