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Drive

Nichts kann mich so sehr, so schnell, so unmittelbar und so intensiv in die Vergangeheit katapultieren wie Musik. Einige Takte eines songs und schon ist es, als wäre ich wieder mitten in einer längst vergangenen Situation. Ich sehe die vetrauten Menschen, die vergessenen Begebenheiten. Ich rieche Gerüche, die nicht dem Hier und Jetzt entstammen und ich bin nicht das ICH, das ich jetzt bin, sondern das ICH von einst.

Manchmal hat es etwas Wehmütiges, manchmal etwas von purem Übermut, manchmal etwas von Trauer. Aber immer sind es alte, längst vergessen gelaubte Gefühle, die an die Oberfläche getrieben werden.

Manchmal möchte ich sie festhalten diese Momente. Möchte sie länger an der Oberfläche treiben sehen. Andere Male wünschte ich, sie wären niemals wieder aus der Tiefe des Vergessens hervorgetrieben worden.

Die Töne von R.E.M versetzen mich in meine Studentenzeit. Ich stehe kurz vor dem Examen, versinke in Büchern, hause auf  9 m²  in einer ganz außerordentlich furchtbaren Zweck WG. Drei junge Männer bewohnen die WG mit mir. Ein durchgeknaller Biologie Student aus adeligem Hause, der irgendwelche abartigen Kulturen in unserem Gemeinschaftskühlschrank züchtet.

Ein Jura Student auf kriminellen Pfaden, der gerne mal hier und da ein wenig "herumhackt" und nicht zu vergessen den Studenten, der Priester werden möchte, dem aber ein nettes Mädel dazwischen kommt und der dann ein wenig seinen Studiengang ändert.

Ich höre nonstop "drive", stelle auf repeat und drehe die kleine Anlage in meinen 9 m²  maximal auf.

Heute weiß ich, dass das, was ich damals fühlte etwas von Freiheit hatte. Jeder Tag ein neues Abenteuer. Jeder Tag fest im Gespann meiner spontanen Ideen und Eingebungen.

So viele offene Wege vor mir, so viele wählbare Abzweigungen, so viele Möglichkeiten. Es ist eine ganz angenehme Erinnerung, keine, die weh tut, mich zu sehr aufwühlt, mich traurig macht. Vergangenes, das ich betrachten und wieder in der Tiefe versinken lassen kann ohne Trauer oder Verlust zu spüren.

R.E.M ist aber viel mehr als das. Nein, natürlich nicht die Band, sondern deren Musik. R.E.M. das ist ein Konzert, das ich besuche mit einem Mann, den ich gerade geheiratet und prompt wieder verlassen hatte. Das sind Blicke, die ich nicht zu erwidern wusste. Das ist Musik, die sich eingebrannt hat und Schmerz bedeutet.

Das ist Freundschaft, die verloren ging. Unwiederbringlich. Für immer. Das ist die Erkenntnis, einem anderen Menschen Schmerzen zufügen zu können, wenn das ICH die Oberhand gewinnt in einem nahezu auswegslosen Kampf.

Vielleicht höre ich deshalb nicht mehr so oft Musik wie früher? Vielleicht erschreckt mich dieses Hineinschleudern in die Vergangenheit einfach zu sehr?

Dabei hat es immer auch etwas von Verarbeiten, Aufarbeiten, harmonisieren. Selbst wenn es weh tut, es tut gut.

 

augenBloglich 25.02.2005, 19.48

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