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Selbstachtung - Freier Kaffee für Rassisten

Meine Reise beginnt am Flughafen in Köln. Ich bin bereits am Tag vorher angereist, da ich einen der ersten Flüge gebucht habe und morgens entspannt vom Flughafenhotel zum Terminal laufen wollte.
Nur wenige Menschen reisen mit mir nach Verona, viele Plätze im Flieger sind frei, neben mir die ganze Reihe und ich richte mich an meinem Fensterplatz ein.
Ich liebe es, kleine Stücke unserer großartigen Welt von oben betrachten zu können.

Ich bekomme vage mit, dass es kurz nach dem Start in den hinteren Reihen verbale Tumulte gibt, bin aber so sehr mit mir selbst und meinen kreisenden Gedanken beschäftigt, dass ich mich nicht weiter kümmere.

Erst als es sehr laut wird und mich die mit großer Verachtung herausgeschrieenen Worte: "Nicht neben einem Nigger!" erreichen, wende ich mich dem Geschehen zu.



Ein älterer Herr lässt sich in meine Reihe plumpsen, laut keifend, mit einem entzückenden französischem Akzent, der das Gesagte jedoch nicht mildern kann. Übelste rassistische Beleidigungen und Bekundungen hallen durch das Flugzeug und eine Stewardess versucht den aufgebrachten Gast zu beruhigen, bietet ihm auf Kosten der Airline einen kostenlosen Kaffee an, versucht, zu beschwichtigen.

Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, dass der nun neben mir sitzende Mensch aufbegehrt hatte, weil er neben einem Menschen anderer Hautfarbe hatte sitzen müssen.

Der Flieger schweigt. 
All diese um mich herumsitzenden Menschen schweigen, ducken sich in ihren Sitzen - so kommt es mir vor - und warten ab, was nun geschieht.
Ich bin angewidert.

Neben mir wettert der ältere Herr weiter und man bietet ihm nun eine Packung Jil Sander aus dem Bordverkauf an, damit er Ruhe gibt.
Ich verstehe das. Ich verstehe, dass den Flugbleitern daran gelegen ist, deeskalierend tätig zu werden, Ruhe in den Flieger zu bekommen, die Lage unter Kontrolle zu bringen.
Und doch verstehe ich es nicht. Ich verstehe nicht, dass ein Mensch, der sich ganz offensichtlich so dermaßen menschenunfreundlich verhält hofiert wird mit Kaffee und einem Geschenk.
Und ich verstehe nicht das Schweigen um mich herum.

Ich mache deutlich, dass ich nicht neben einem Rassisten sitzen möchte.
Ich spreche die Flugbegleiterin an, in dem Wissen, dass ich ihr nun noch mehr Probleme mache und die Situation für sie verschärfe.
Der Herr mit dem französischen Akzent fängt an auf mich einzureden und mir sein Leben zu schildern.
Es mag ungerecht sein, aber es interessiert mich nicht.
Ich bitte noch einmal darum, man möge einen anderen Platz für den Mann finden, schließlich sind ganze Reihen leer.

Ich äußere mein Verständnis für die Situation, bitte aber auch darum, mich zu verstehen, die Denkweise dieses Menschen ist mir fremd und ich möchte nicht während des ganzen Fluges seine Verunglimpfungen und rassistischen Äußerungen hören müssen.

Man bittet mich bei der Deeskalation mitzuwirken und den Menschen "auszuhalten".
Den Menschen, der derweil seinen kostenlosen Kaffee trinkt, für den die anderen Passagiere drei Euro zahlen müssen.
Mir wird auch ein kostenloser Kaffee angeboten, den ich ausschlage, da ich erstens keinen Kaffee trinke und mir zweitens die Situation auch nicht schön trinken möchte.

Der Herr, ich könnte ihn der Einfachheit halber auch einfach nur den Rassisten nennen, versucht mir nach wie vor zu verdeutlichen, welchen schlechten Einfluss Menschen anderer Hautfarbe auf uns haben.

Ich sehe aus dem Fenster. Angewidert. Und das kleine Stück Welt, das ich von oben sehe hat einen winzigen Makel bekommen.





augenBloglich 24.07.2021, 15.47

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