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Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Augenblicke

Büchernostalgie

Ich liebe Bücher. So ist das nun einmal. Ich gehe sozusagen eine symbiotische Beziehung mit jenen Werken ein, die ich einst las und lese.
Rein platztechnisch wurde es nun aber mal Zeit, sich von einigen Exemplaren zu trennen.
Vor Monaten hatte ich schon grob vorsortiert und etwa 135 Bücher beiseite gelegt, um, ja, um sie irgendwann einmal "loszuwerden".

Gestern nun schien ein prächtiger Tag für die Bücherloswerdaktion.
Frohen Mutes und vor allem guten Willen begab ich mich also in den Haufen Bücher, der - grob vorsortiert - nun seit Monaten hier herum lag und das eh schon volle Arbeitszimmer aus allen Nähten platzen ließ.

Bereits als ich das erste Buch zur Hand nahm, meldete sich der böse Büchergeist in mir:

"Du willst "Eva Luna" von Allende weggeben?", wollte er entrüstet wissen und meinen Einwand: "Ich habe es irgendwann mal gelesen, weiß nicht mal mehr was drin steht!" verwarf er direkt mit:
"Dann lies es nochmal. Man gibt doch ein Allende Buch nicht weg!"

Zögerlich schwenkte das Buch in meiner Hand.
"Es ist eine Allende Buch, das gehört zur Allgemeinbildung", raunte der böse Büchergeist mir zu und auch wenn ich den Einwand richtig schwach fand, stapelte ich das Buch vorsorglich mal bei den Eventuellfällen.

Während Buch zwei und drei keinerlei bösen Geister und nostalgischen Gefühle hervorriefen, enfuhr dem bösen Büchergeist bei Exemplar 4 ein zorniger Ausruf:
"Nicht dieses Buch! Bist du verrückt!?"

"Äh, es ist ein Jugendbuch, ich habe es gelesen als ich 12 war!"

"Jaja, ich weiß, "Pfui, Spinne" von Nöstlinger, aber ich bitte dich. Erinnere dich an das Weihnachtsfest von 1982!"

"Ja, ich weiß",
seufzte ich "Damals erhielt ich das Buch, las es noch am Heilig Abend durch und beglückte am nächsten Tag meine Familie beim Weihnachtskaffee mit der detaillierten Schilderung von fünf jugendlich harmlosen Sexszenen, die in dem Buch vorkamen!"

"Genau, es war doch der Hit, als du verkündest hast, das Buch sei sooo klasse, Tim und Nina trieben es gleich fünfmal hintereinander...... und sämtlichen Verwandten fiel das Essen aus dem Mund! So ein Buch gibt man doch nicht weg."

"Genau, war ich schon fast überzeugt, vielleicht wollen meine Töchter es irgendwann mal lesen....!"

Vorsorglich verschwand nun auch dieses Werk auf dem Eventuellstapel und so langsam wurde ich gut Freund mit dem bösen Büchergeist.

Ich meine, der Gute hatte aber auch stets und immer so verdammt recht.
Wie kann ich ein Lexikon der Antike, selber schon schwer antik weggeben, wenn ich gar nicht wissen kann, ob ich es je noch einmal brauche?
Gut, im Zeitalter des Internet ist die Warscheinlichkeit, dass ich je wieder in dieses Werk schaue verschwindend gering, aber man weiß doch nie, oder?

Oder dann Konsalik. Ich besitze genau einen Konsalik. "Geliebte Korsarin". Heiß und innig geliebt mit 13/14 Jahren.
Weiß ich, ob ich im Alter nicht nocheinmal Konsalik Gelüste bekomme?
Gut, ganz aktuell ist es eher schämenswert, aber wozu gibt es Abstellräume?

Und dann die Kinderbücher. Nicht meine, nein, die nicht mehr aktuellen unserer Kinder.
Die KANN ich doch nicht EINFACH weggeben.
Was zum Teufel sollen dann die irgendwann-Enkelkinder bei ihrer Oma lesen?

Nein, nein, so ging das nicht merkte ich schnell.
Stunden waren vergangen und der Eventuellstapel bog sich bereits bedenklich zur Seite, als ich den bösen Büchergeist kurzzeitig des Raumes verwies, Mülltüten holte und alles mit fest geschlossenen Augen in selbige packte.
13 Mülltüten waren das. Randvoll.

Es hat übrigens etwas durchaus Schwieriges an sich, Bücher mit geschlossenen Augen in Mülltüten zu packen.

Ich hielt den bösen Büchergeist in Ketten, ich sperrte ihn ein und missachtete sein Seufzen, Keuchen, Stöhnen, Heulen.

Nach dem schweißtreibenden Akt die Säcke in meinem Auto zu verstauen, wusste ich jedoch nicht so recht weiter.
Wegschmeißen?

"Um Himmelswillen, viel zu schade!", schrie es aus dem Käfig zu mir rüber.
Na gut, also klapperte ich sie ab.
Die Krankenhäuser und Bibiotheken, die Second Hand Shops und Werkstätten.

"Vorsortiert?" war die Standardfrage
"Äh, nein!", meine stete Antwort und so wurd ich sie nicht los, die Lasten meiner Vergangenheit.

"Siehste, das ist Schicksal!" keifte es hysterisch von der Büchergeist Seite.
"Genau!", stimmte ich zu, als ich sah, dass vor mir gerade ein Altpapiercontainer geleert wurde.

"MÖRDERIN!", waren seine letzten an mich gerichteten Worte.
Ich weiß nicht, wohin er entschwunden ist, der böse Büchergeist, aber ich, ich fühle mich herrlich befreit.







augenBloglich 30.06.2006, 11.58 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Tausche

Tausche chaotisches, kreatives neuwertiges Gedankengut - sehr gepflegt und im Bestzustand - gegen attraktives Sommeräußeres.
Sie erhalten unzählig viele ausgereifte Ideen, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden.
Im Gegenzug erhalte ich einen Körper, der nicht nur sommerattraktiv, sondern auch hitzebeständig und schweißresistent ist.

augenBloglich 10.06.2006, 12.27 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Terminflut

Es kommt, wie es immer kommen muss: Alles auf einmal.
Der kommende Montag ist einer dieser Tage, die schon im Vorfeld diverse Schweißausbrüche bei mir auslösen.

Beginnen wir mit dem gewöhnlichen, morgendlichen familiären Alltag. Schließen wir an ein kleines Sportfest.
Unmittelbar nach selbigen führen wir noch eben eine Zeugniskonferenz durch, ehe es auf geht zum Schulamt.

Währenddessen macht der Kindergarten einen Ausflug. Die Kinder müssten bitte - danke - mittags abgeholt werden - ungefähr zu Zeiten der Zeugniskonferenz.
Tochter 1 müsste desweiteren gegen 15.15 zu einem Reiterhof gefahren werden, um dort einen Kindergeburtstag erleben zu dürfen.
Ungefähr zu Schulamtszeiten.
Tochter 2 ist in diesem Plan irgendwie nicht vorgesehen....

Nun denn.
Oma und Opa sind im Urlaub bzw. arbeiten.

Ich denke, ich werde mich an diesem Tag vierteilen müssen.
Ausreichend Körpermasse ist vorhanden, diesbezüglich mache ich mir keine Sorgen.
;-)

augenBloglich 06.06.2006, 08.03 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Königin der Ausreden

Gestern zum Beispiel konnte ich nicht zum Sport, weil ich noch etwas für die Schule zu erledigen hatte.
Vorgestern ging es gerade nicht, da musste ich Ebay Auktionen einstellen.
Heute geht schonmal gar nicht, da ich mich beim Schultütenbasteln gerade eben derart verausgabt habe, dass mein körperliches Befinden nur noch nach Ruhe und Bett schreit.
Vorvorgestern wäre ich wirklich gerne gegangen, aber ich hatte einen leichten Schnupfen und wer weiß, ob der nicht nach ein wenig Sport zu einer handfesten Grippe mutiert wäre.

Morgen ginge ich wirklich, ganz wirklich, sehr gerne zum Sport, aber irgendwann muss ich ja auch noch Zeugnisse schreiben.
Nehmen wir einfach übermorgen, aber da haben die keine Kinderbetreuung.,

Sonntag Morgen wäre im Grunde ein guter Tag, aber an Pfingsten kann man sich durchaus auch mal ein klein wenig Ruhe gönnen.

Und dann ist da stets und immer noch mein treuer Freund und Weggefährte Schweinehund.
Ich kann den armen Kerl doch nicht alleine lassen, oder?

augenBloglich 01.06.2006, 17.49 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Frohe Ostertage!







 

augenBloglich 14.04.2006, 16.43 | (0/0) Kommentare | TB | PL

flüchtige Momente

Manchmal, in diesen ganz seltenen, flüchtigen Augenblicken, ganz manchmal wünsche ich mir, mein Kind wäre so wie andere Kinder.
Wehmut stülpt sich dann wie eine Decke über mich und der Gedankenkreislauf beginnt. Unweigerlich gelange ich an die Stelle, wo bohrende Fragen nach dem warum mir zusetzen.
Genauso unweigerlich lande ich gedanklich dann bei Schuldzuweisungen und der Schlussfolgerung: "Du hast dein Kind so gemacht, wie es heute ist...!"

Es schließt sich das Hadern und Zaudern aller berufstätigen Mütter an, die immer mal wieder, sozusagen täglich, den Spagat zwischen Beruf und Familie wagen.

Wäre Sophia anders, wenn ich nicht arbeiten ginge?
Fehlt meinem Kind Zeit? Zeit mit mir?

Natürlich vergleiche ich meine Töchter miteinander. Genauso natürlich weiß ich, dass eine Mutter genau dies niemals tun sollte.
Aber was man sollte und müsste ist nicht immer das, was Kopf und Bauch ganz eigenmächtig machen?

Nun habe ich mich eine ganze Weile und sehr intensiv mit dem selektiven Mutismus auseinander gesetzt.
Während ich lerne anzunehmen, dass mein Kind so ist, wie es ist, weigert sich unsere Umgebung standhaft.

Es ist, als lebten zwei Seelen in unserem Kinde. Die eine, die wilde, die überschäumende, wissbegierige, tobende, leidenschaftliche, temeperamentvolle, lustige und unbeschwerte - nur gezeigt im trauten häuslichen Rahmen.

Und die andere, stille, in sich gekehrte, mehr als schüchterne, wortfehlende, zaudernde, ängstliche, scheue, sich selten überwindende Seite - jene, die alle zu sehen bekommen, die unser Kind nicht näher kennen, ihm nicht nahe stehen.

Ich bin ein absoluter Gegner allzu früher Therapien. Mein Standpunkt ist nach wie vor der, dass in Deutschland übertherapiert wird. Für alles, gegen alles - die Maßnahmen scheinen schier endlos und es ist ja auch viel einfacher, ein Kind in Therapie zu stecken, als selbst an dem Problem zu arbeiten.

Selbst das an-sich-arbeiten wird heutzutage vielen Kindern und Menschen abgenommen. Aber Rückgrat sollen sie entwickeln.....

Wir haben uns Zeit bis zum Sommer gegeben. Jeder kleine Fortschritt wird mit Tränen in den Augen zur Kenntnis genommen.
Die Gratwanderung zwischen extrem schüchtern und selektivem Mutismus ist gewagt und eng und schwierig.

Oft bin ich geneigt, unserem Kind Belohnungen für Alltäglichkeiten anzubieten, in der Hoffnung, dass sie endlich tut, was alle Kinder tun: sprechen.
Nicht nur hier, pausenlos, übereifrig. Nein, auch in der Großgruppe im Kindergarten, beim Arzt oder wo immer wir sind.

Immer wieder bremse ich mich. Wenn sie es tut, muss sie es von sich aus tun. Nicht, weil eine Belohnung winkt.

Andererseits: Warum um Himmelswillen liegt mir so viel daran, dass sie im Stuhlkreis Familienintimitäten ausplaudert? (Eine Tochter, die dies gerne und ausdauernd tut, reicht eigentlich, um den Peinlichkeitspegel kurz vor dem Überschwappen zu halten!)
Warum reicht es nicht, dass sie mittlerweile mit den Erzieherinnen spricht, mit den Kindern sowieso?
Warum erwarte ich Antworten bei einem fremden Arzt?

Bin ich auch schon in diese Normalschublade gespresst?

Ich weiß es nicht. Das, was beruflich so leicht erscheint, jedes Kind anzunehmen wie es ist, seine Talente zu entdecken, es zu fördern - das ist beim eigenen Kind mit einem Male alles andere als einfach und selbstverständlich.

Und das ist die Decke der Wehmut, die mich da manchmal - für kurze Momente - bedeckt.

Glücklichweise kann man sie abnehmen und beiseite legen - bis zum nächsten flüchtigen, wehmühtigen Augenblick.


augenBloglich 13.04.2006, 10.43 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

vorschnelles Urteil

Also diese Fortbildung neulich - ich schrieb davon - war im Grunde doch weitaus effizienter als ich zunächst dachte.
Unter anderem erzählte uns die Referentin [ich erwähne jetzt nicht mehr explizit den pastoralen Singsang], dass Ihr Mann nie habe kochen müssen.
Erst kochten Mama und Oma und später sie für ihn.
Nun ist es also so, dass dieser Mann irgendwann mal die bereits geschälten und im Topf vorbereiteten Kartoffeln kochen sollte, weil die Frau - also jetzt die Referentin - noch irgendwo hin musste.

Als sie nach Hause kam, waren die Kartoffeln nicht gekocht. ["Welch Wunder!", mag da manche Frau jetzt denken.]
Jaja, aber das lag nicht etwa daran, dass der Herr des Hauses sie - die Kartoffeln - gar vergessen hätte, nein, nein, der Gute KONNTE die Kartoffeln gar nicht kochen.

Nicht, dass jetzt jemand vermutet, es hätte einen Stromausfall gegeben. Nein. Viel besser. Bei dem armen Kerl hatten sich nie Kartoffel Synapsen im Hirn bilden können, da doch erst Oma und Mutter und später sie für's Kochen zuständig waren und niemals ER.

Somit hätten wir dies auch geklärt.
Was das jetzt mit mir zu tun hat?
Nun, ganz einfach.
Mann schickte mich heute zum Luftdruckmessen und Reifen "aufpumpen".

Ich Arme.
In meinem Hirn haben sich nie Synapsen diesbezüglich bilden können. Kein Wunder also, dass ich - wieder einmal - wie blöd mit diesem Kanister Teil in der Hand da stand.

augenBloglich 13.03.2006, 17.52 | (0/0) Kommentare | TB | PL

schachmatt

Hätte ich die Zeit, ich würde mir gerade jetzt gerne einen gepflegten, kleinen Nervenzusammenbruch gönnen.
Nach 16 Tagen Erbrechen und Durchfall bei allen Familienmitgliedern, zwischen Stapeln von Wäsche, ständig laufender Waschmaschine, Bergen von Zwieback, wunden Popos, Wärmeflaschen, durchwachten Nächten mit Eimern im und am Bett, Erbrochenen in allen Lebenslagen und  auf, unter, zwischen, über sämtlichen Mobiliar und maximal einer Stunde zusammenhängenden Schlaf pro Nacht, gäbe ich was dafür, die Zeit zu finden, mich aufs Sofa zu legen und einfach mal ein bisschen nervenzusammenzubruchen.

Da ich aber gewiss sein kann, dass just in dem Augenblick, in dem ich mir diesen gepflegten Zusammenbruch gönnen würde, irgendein Familienmitglied quer sonstwo hin erbrechen würde, jemand von klowärts schreien würde:

"Mama, ich haaaaaab Durchfall!" oder es mir selbst querwärts hochschießen würde, schenke ich mir den Zusammenbruch lieber direkt und hoffe auf Einsicht der göttlichen Fügung und auf Erbarmen.

augenBloglich 26.02.2006, 16.49 | (6/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

MONTAGmorgen

Mit Montagen ist es wie mit Weihnachten.
Obwohl man lange vorher weiß, dass und wann sie kommen werden, stehen sie doch immer wieder reichlich überraschend und viel zu schnell vor der Tür.

5.30 Uhr der Wecker klingelt. Nach einem kurzen Moment geistiger Benommenheit spüre ich meinen beschleunigten Herzschlag und sitze senkrecht im Bett.
MONTAGmorgen. Die Jagd nach dem besten Platz in der Kopiererwarteschlange hat begonnen.

Hastig ziehe ich mich an, wuschle mir durch die Haare, wecke die Mädel, packe Kindergarten- und Schultaschen und gemahne zur Eile.

"Ist es denn schon wieder Montag?, fragt mich Lena gähnend und fährt fort:
"Manno immer ist Montag. Immer müssen wir uns beeilen!"

Ich überprüfe rasch den Inhalt meiner sechs Leinen- und meiner großen Schultasche.
Bastelzeugs, Anschauungsmaterial, Kopiervorlagen, Bücher ....... scheint alles vorhanden.

"Mädel", dränge ich "wir müssen los!"

7.14 Uhr wir liegen gut in der Zeit. Ich bringe die Kinder in den Kindergarten, brüskiere die Erzieherinnen, in dem ich darauf hinweise, dass es montags ist und ich wirklich keine Zeit für eine kleine Plauderei habe und haste zurück zum Wagen.
7.21 Uhr MIST, zwei Minuten zu spät. Wie kann ich die Zeit nur wieder reinholen?

Mein Auto springt direkt an und ich umarme das Teilchen geistig. Los geht es.
Unruhig mit dem Po im Sitz umherrutschend mahne ich die Fahrer vor mir doch bitte in Zone 50 auch 50 zu fahren und nicht 30 bzw. gefühlte 20.

Schweißperlen stehen mir auf der Stirn, als ich endlich um 7.38 Uhr (viiiieeeel zu spät) auf den Lehrerparkplatz einbiege.
Ich weiche geschickt, wenn auch voller Wut, all jenen Eltern aus, die ihre Kinder am liebsten bis IN die Schule fahren möchten und hierfür gerne mal die Lehrerparkplätze blockieren.

Es gelingt mir einzuparken ohne irgendwen oder irgendwas zu rammen. Hinter mir die Lichter eines anderen Autos. Ein hastiger Blick. Nein, das kann doch wohl nicht wahr sein, schon eine Kollegin.
Ich raffe meine 13 Leinentaschen und die schwere Schultasche vom Beifahrersitz, drücke mit dem Allerwertesten die Autotür zu und eile los.

Ein schneller Blick auf die ausgestiegene Kollegin zeigt mir sofort, dass diese mindestens eine Leinentasche weniger trägt als ich und somit mobiler ist.
Ich sprinte los und ignoriere die schmerzhaft in die Kniekehlen schlagenden Beutel.

Die Kollegin holt auf, also nehme ich die Abkürzung über ein vesumpftes Wiesenstück.

"Heeeee!", brüllt mir da schon unser Hausmeister entgegen "Sie wollen doch mit den Sumpfstiefeln nicht etwa in MEINE Schule?"

Ich catche den 154 Kilo Mann mit all meinen hilfreichen Leinentasche zur Seite, grüße flüchtig und frage mich allen Ernstes, ob der Mann nach 40 Dienstjahren immer noch nicht weiß, was es bedeutet, wenn es MONTAGmorgen ist?

"Das wischen Sie aber weg!", donnert es mir nach und ich versuche mit einem unehrlichen, hastigen Nicken den Mann zu beruhigen.

Die Kollegin holt auf und beinahe zeitgleich erreichen wir die Tür des Lehrerzimmers.
Selbstverständlich stößt sie just in diesem Moment jemand von innen auf, mir somit mit voller Wucht vor die Stirn und ich klatsche - mitsamt den 24 Leinentaschen und der schweren Schultasche - zu Boden.

Der Inhalt aller Taschen ergießt sich auf dem Flur. Ich spüre eine dicke Beule auf meiner Stirn anschwellen und sehe, wie die Kollegin an mir vorbeihastet, leise murmelnd:
"Tut mir leid, du weißt ja, Montag!"

Das war doch abgesprochen. Das kann mir doch keiner erzählen. Das haben die Kollegen doch hinterrücks geplant, um mich aus dem Rennen zu werfen.

Ich klaube mein Zeugs zusammen, renne ins Lehrerzimmer, überblicke die Lage und stehe - als 5. - in der Schlange zum Kopierer.

"Ich bin Nr. 5, ich stehe gleich nach XY!" verkünde ich lautstark, nur damit mir nicht noch irgendwer Rang 5 streitig machen kann.

Ich plaziere meine 27 Leinentaschen und die schwere Schultasche unmittelbar hinter Nr.4 und haste zum Vetretungsplan, um mir den Montagsmorgenüberblick zu verschaffen.
Neben mir intoniert unsere Referendarin: "Unter einer Fichtenwurzel hört ich einen Wichtel furzen!"
Ich eile zurück in die Warteschlange, komme aber nicht ganz bis zu dieser, weil mir irgendwer einen Telefonhörer hinhält.
"Für dich!"

Mist, das Telefonkabel reicht nur bis ca. 3 m vor den Kopierer, ich komme nicht bis zu meinem Warteplatz, werfe aber vorsorglich giftige Blicke in die Runde und schreie noch einmal: "Ich bin Nr. 5" ehe ich der irritierten Mutter am Telefon erkläre, dass ich nicht sie gemeint habe.

"Mein Sohn soll auf keinen Fall mehr den pestizoid bakteriell verseuchten Kakao trinken!" wird mir mitgeteilt. Yeah, 4.!!! denke ich und antworte, dass es mir neu sei, dass unser Kakao pestizoid und bakteriell verseucht sei.
Daraufhin erklärt man mir, dass von einem Lehrkörper auch nichts anderes als Unwissenheit erwartet würde und ich gefälligst dem Kind das zu viel gezahlte Kakaogeld - denn es trinkt ja nun den Kakao nicht mehr - rückerstatten soll.

"Ey, ich bin Nr.4 !" brülle ich in diesem Moment durch den Raum, will sich doch tatsächlich eine Kollegein vordrängeln. Jetzt schubbst sie auch noch mit den Füßen meine 32 Leinentaschen aus dem Weg. Ehrlich. Wo sind wir denn hier?

Ich erkläre der Mutter geduldig, dass ich nicht sie mit meinem Nr. 4 Ausruf gemeint habe und verwickle mich zusehends in diesem blöden Telefonkabel.
"Unter einer Fichtenwurzel hört ich einen Wichtel furzen!"

7.49 Uhr. Ich bin Nr. 3 - endlich.
Mir fällt das Jandl Gedicht ein: Erster sein!
Und ich finde, so als Dritte steht mir schon ein klein wenig Euphorie zu.
Gerade als ich zurück will in die Kopierschlange wird ein Junge ins Lehrerzimmer geschoben. Das Gesicht voller Blut.
"Nicht auf den Teppich!", schreit unser Hausmeister und unter dem Blut erkenne ich, dass es einer meiner Sprösslinge sein muss.

Ich stolpere nur kurz über das Kabel, lande aber eher sanft und dank Übung bin ich dennoch schnell bei dem Kind, das sein Nasenblut erstmal an meiner weißen Winterdaunenjacke abstreift.

"Telefon für dich!", drückt man mir erneut einen Hörer in die Hand und ich kann mich zwischen Schielen auf die Kopiererwarteschlange und dem Verarzten des Jungen nur schwer darauf konzentrieren, dass ein weißer Schnellhefter für eine Liedermappe wohl zu farblos sei.

"Unter eine Fichtenwurzel.....!" "Herrje", herrsche ich die überraschte Referendarin an "Lass deinen Wichtel doch bitte mal woanders furzen!"

"Nein", beruhige ich die Mutter am Telefon "ich meinte doch nicht Sie!"
Schiebe den verarzteten Jungen aus dem Zimmer und versuche zum Kopierer zu gelangen.

Während es hinter mir an meiner blutverschmierten Jacke zupft "Frau.... du wolltest uns doch noch die Seepferdchen Ausweise geben!" heult die grob von mir angefahrene Referendarin und beschuldigt mich, an einem ihrer Nervenzusammenbrüche schuldig zu sein, nur weil sie den Zungenbrecher im Lehrerzimmer nicht üben darf.
Sicher versemmelt sie nun die Stunde und überhaupt.

Ich bekenne mich schuldig und dringe in Richtung Kopierer vor,
Da, ich habe es gehört. Habe ich es wirklich gehört?
Oh nein.
War es tatsächlich das schlimme Wort, das ich habe raunen hören?
Das Wort, das mehr Angst einflößt als "Konzept". Noch mehr gar als "Evaluation".
Das eine kleine Wort, dass den Montagmorgen zu einem Weltuntergang degradieren lässt.
Gerade noch geraunt, dringt das Wort wellenmäßig lauter werdend zu mir vor.
Nein, ich habe mich nicht geirrt:

"PAPIERSTAU!" kreischt eine Kollegin hysterisch und ich erstarre.

Hektische Betriebsamkeit macht sich am gerät vor mir breit. "Sie nehmen jetzt bitte zwei Klassen mit zum Sport!" verkündet mir der Chef und gleichzeitig drückt man mir einen Wischer in der Hand: "Wischen Sie Ihren Dreck weg. So etwas gibt es nicht in MEINER Schule!" brüllt mir der Hausmeister ins Ohr und ich gehe davon aus, dass selbiges nun ertaubt sein wird.

Ein Blick auf den Kopierer. Jaaaaa, er tut es wieder. He, immerhin drei Kopien bevor es wieder staut. Geht doch. Wer sagt's denn.

7.54 Uhr. Ih bin ganz ruhig. Die neben mir keifende und weinende Referendarin muss ich leider ignorieren. Sie muss schnell lernen, was es heißt: MONTAGmorgen.

Zweite.
Ich bin zweite.
Die Kollegin vor mir packt geschätzte 37 Bücher aus und beginnt zu kopieren:
"Du, bei mir dauert das aber!" weist sie mich netterweise drauf hin!
Ich ordne meine 42 Leinentaschen und stelle fest, dass eine Mappe fehlt.

"Hat jemand meine YXZ Mappe gesehen?" frage ich freundlich in die Runde und erhalte ein ebenso freudiges: "Ja, die leih ich mir bis Donnerstag, ist das okay?" zurück.

Der Wichtel furzt auch schon wieder, als ich hastig zum Tisch springe, um meine Mappe zurückzuergattern. Ich meine, wir reden hier von Lehrern. Einmal verliehen für immer weg.

Auf dem Weg zum Tisch reiße ich versehentlich einen Holzschuber mit LÜK Kästen aus dem Regal. Hunderte LÜK Plättchen verstreuen sich kafkaesk auf dem Boden. Das hat was.

Leider kann ich diese nun nicht mehr aufsammeln, denn: Ich bin dran!!!!!!!!!
Erste. Erste. Erste.

Die Plättchen knacken, als ich über sie hinweg renne. Ich erreicht den Kopierer genau in dem Moment, in dem es schellt.

"Macht nichts", tröstet mich die Kollegin "Ist eh Papierstau!"









augenBloglich 13.02.2006, 06.35 | (7/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

irgendwas ist immer

Glücklicherweise bin ich ja eher optimistisch veranlagt. Ansonsten würde ich mich jetzt nämlich einsumpfen lassen.
Nach den beiden Autos und der Waschmaschine spinnt nun mein Rechner und zwar total.
Während das Internet perfekt funktioniert, kann ich keine meiner Dateien mehr aufrufen, bearbeiten oder sonstwas  damit tun.
Sofort fährt mein gutes Schätzes nämlich herunter, nur um gleich darauf neu zu starten.

Nein, es ist kein Virus, zumindest meint das Norton Anti Virus.
Nein, an der Festplatte finde ich auch nichts.
Und genau, nein, das kann so alles nicht sein und stimmen.

Prima, denn meine komplette Unterrichtsvorbereitung lagert hier und ich habe nichts davon.
*grrmpf*

Aber, wie erwähnte ich, ich bin da eher optimistisch veranlagt.
Gut, wenn ich also nicht arbeiten kann, geh ich lesen.

:-)

augenBloglich 26.01.2006, 19.26 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

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Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25