Die Nacht war schlaflos. Körperliches und geistiges Herumwälzen. Das Zelebrieren von Selbstvorwürfen und die stete Frage danach, warum meine mütterlichen Instinkte nicht rechtzeitig Alarm geschlagen haben?
Am Morgen dann, nach kurzem Weinen, ein fröhliches und unbeschwertes Kind, das mich staunen lässt.
Ausgelassen spielt Sophia bis zu jenem Moment in dem die große Schwester:
"Mama, Phias Auge blutet!" ruft.
Vielleicht hätte ich darauf vorbereitet sein müssen. Dennoch ich war es nicht. Nicht wirklich. Es hat etwas Dramatisches, wenn Blut aus einem eh schon arg mitgenommenen Auge läuft.
Wahrscheinlich hatte man mich in der Klinik darauf vorbereitet. Ebenso wahrscheinlich ist, dass ich dort nur einen Bruchteil dessen mitbekommen habe, von dem, was man mir erklärt hat.
Der Weg zur Augenklinik sollte von Mal zu Mal kürzer werden, aber es scheinen Stunden vergangen, ehe wir ankommen.
Erstmalig verweigert Sophia jegliche Untersuchung, jeglichen ärztlichen Kontakt.
Mir ist, als bräche ich den Willen des eigenen Kindes, nur um es vor Schlimmeren zu bewahren. Das an sich, das Beste zu wollen, macht die Situation nicht besser.
Gutes Zureden, innige Versprechungen. Mein Kind mag nicht mehr und ich kann Sophia durchaus verstehen.
Doch es hilft nichts. Der Arzt muss das Auge anschauen, muss untersuchen.
Es zerreißt mich fast, als ich mein Kind festhalten muss, gegen Strampeln, gegen Weinen.
Doch rasch die befreiende Information: Das Auge schaut genauso aus, wie es heute ausschauen sollte.
Ja, es schaut sogar "gut" aus. "Gut", so erklärt man uns, nicht im Sinne von unserem "gut". Ich weiß genau was der Arzt meint.
Wenn ich Sophias Auge betrachte, zieht sich mir mein Magen zusammen und Tränen schießen in meine Augen.
Doch das Blut, so dramatisch es wirkt, entstammt nicht dem eigentlichen Auge, sondern - wenn ich das recht verstanden und behalten habe - dem Bindesackgewebe.
Erstes zögerliches Aufatmen.
Noch vier kritische Tage.