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Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Erlebnisse

Kleinere Störungen

Vielleicht hätte es mir ja bereits zu denken geben müssen, als mir der nass-braun-floddrig-schmutzige Softball heute Morgen, bei Betreten des Schulhofs, mit voller Wucht ins Gesicht geriet.
Und die daraufhin wenig zartfühlenden Kleinjungenhände, die versuchten, den ekligen Glibberschmutz aus meinem Gesicht zu wischen – was zur Folge hatte, dass der Schmutz in dicken Knubbeln und kleinen Rinnsalen meinen Kragen hinein und abwärts lief – waren auch nicht unbedingt vielversprechend.

Aber von so ein wenig Schmodderschmutz lasse ich mich grundsätzlich ja eher weniger beeindrucken und so nutzte ich die 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn für eine kleine, wenn auch wenig erfolgreiche Reinigungsaktion.

Mit dem Schellen stürzte ich aus der Toilette und rannte kurz eine Kollegin nieder, die das Ganze glücklicherweise unbeschadet überstand, mich aber dezent darauf hinwies, dass aus meiner Nase sturzbachweise Blut laufen würde.

Schnell raffte ich ein Tempo aus tiefsten Taschentiefen und hielt es mir elegant unter die Nase.
Beim Betreten des Schulhofs empfing mich nun zwar kein dreckiger Ball mehr, dafür aber begleitete mich eine Horde Kinder, deren Fragen und Ausrufe stakkatoartig auf mich einprasselten:

„Wie siehst du denn aus?“

„Hasse dich gekloppt?“

„Iiiiiih, das ist eklig!“

„Was ist denn passiert?“

 „Bist du krank?“

„Boaaah, cool, ey, die hat sich gekloppt.“

„Geil. Richtig geil!“

„Oh nein das sieht ja scheußlich aus“

„Boah, scheiße, ey!“

„Ich glaub ich muss kotzen!“

Gelassen schritt ich meines Weges, so gelassen, wie man eben sein kann, wenn Blut aus der Nase rauscht und Dreck den Rücken hinunter rinnt. Kurz vor der Klasse, „meine“ Kinder waren alle voll des laut geäußerten Mitleids mit mir, fing mich eine Mutter ab.

In der einen Hand meine Tasche, die andere mit Taschentuch unter die Nase gepresst, hörte ich konzentriert zu, wie sie mir erklärte:

„Bitte, diese Tropfen muss A. gegen 11.30 Uhr nehmen, 20 Stück. Gegen 12.00 Uhr dann zwei von diesen Tabletten und kurz bevor die Kinder nach Hause gehen bitte einmal den Hustensaft!“

Während ich versuchte, ein mich dauernd am Rückenteil meiner Jacke ziehendes Kind dazu zu bewegen, wenige Schritte von mir zu weichen, versuchte ich die Anweisungen der Mutter wahrzunehmen.

„Und bitte!“, erwähnte sie noch „Es ist wirklich dringend!“

Das Ziehen an meiner Jacke nimmt derweil vehemente Züge an und ich gestehe, das „Mir ist übel!“ des ziehenden Kindes eher weniger wahrzunehmen.

 Infolgedessen, ich drehe mich gerade eben um, schwallt eine Menge übelriechendes Erbrochenes über meine Füße und ich überlege kurzzeitig, ob ich mich vielleicht bei „Versteckte Kamera“ befinde.

Die Kinder meiner Klasse geraten in leichte Hysterie und überbieten sich in IIIIIIIHHHH Rufen, während ich versuche, das sich weiterhin übergebende Kind zu trösten.

„Ich geh lieber!“ ruft die Mutter „Sind sie gut und denken an die Medikamente?“

Aber sicher. Kein Problem. Sollte ich bis dahin noch leben.....

An meinem Rücken bröckelt der angetrocknete Schmutz , als ich mich bücke, um die diversen Körperflüssigkeiten vom Boden - und: nicht zu vergessen, meinen Schuhen – zu wischen.
Die Kinder sitzen an ihrem Platz, das kranke Kind auf meinem Schoß, derweil ich versuche, dessen Mutter mittels handy zu erreichen.

Die Klassenzimmertür öffnet sich und unsere Sekretärin schiebt acht bis zehn Erstklässler in unsere Klasse.

Die Kollegin ist erkrankt. Sind Sie bitte so lieb?“

 Aber immer. Die neuen Kinder geraten kurzzeitig ebenfalls in leichte Hysterie, zum einen, weil der Gestank nicht angenehm, zum anderen weil ich höchstwahrscheinlich so einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck vermittle.

„Ich kann das nicht riechen! Da muss ich kotzen!“, versucht ein Kleiner dem Grauen noch zuvor zu kommen, doch da schwappt es schon quer über den Tisch und – oh schauder – über die bereits heraus geholten Hefte einiger Kinder.

Das Kind auf meinem Schoß heult.
Das Kind, das sich gerade übergeben hat heult noch lauter.
Die anderen Kinder schreien wahlweise:

 „Iiiiiihhhgitt, das ist ja eklig!“ bzw. „Boaah, voll cool, wir ham ne Epimi!“

Meine Nase schwillt zu und ich will nach Hause.
Doch was predigte mir neulich eine nie Lehrerin Gewesene:

„Pädagogische Gelassenheit ist das A und O!“

Geübt im Wegwischen von Körperflüssigkeiten entledigen wir uns kurz derselben, ordnen die Tische neu, öffnen die Fenster. Ein Klopfen an der Tür, freudig schaue ich auf, in der Hoffnung, das erste sich übergebende Kind wird abgeholt. Aber es ist erneut die Sekretärin.

„Sie kriegen doch heute die neue Praktikantin! Das hier ist Frau K.“

Frau K. schaut sich naserümpfend um, bekundet dann lauthals: „Uah, das kann ich nicht riechen, da wird mir übel!“ und rennt hinaus.
 Auch die Sekretärin findet es bei uns wenig anheimelnd. Wie gut, dass ich mittlerweile nichts mehr riechen kann, anstelle einer Nase habe ich einen undefinierbaren Riesenklumpen im Gesicht.

„Du siehst echt richtig scheiße aus!“ bekundet ein Kind zartfühlend sein Mitgefühl und die anderen Stimmen lautstark zu.

Ich versuche die Eltern vom zweiten sich übergebenden Kind zu erreichen, was zunächst daran scheitert, dass das Kind nur seinen Vornamen kennt und natürlich auch nicht seine Telefonnummer.

Während die Klasse sich an die Freie Arbeit begibt, lösen wir das Telefonproblem und eine nette Ansage springt mir ins Ohr:

„Es ist Freitag Morgen, Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass wir JETZT ans Telefon gehen! Bitte hinterlassen Sie......!“

Brav hinterlasse ich im nasalen Singsang:

„Trotz Freitag Morgen hat sich Ihr Kind gerade übergeben. Es wäre nett, wenn Sie es in Raum X abholen könnten....“

 Ich lege ein klein wenig angenervt auf. Der Schultag kann beginnen!
Kaum sitzen wir im Stuhlkreis um die Geschehnisse des frühen Vormittages verbal aufzuarbeiten, als ein Feueralarm durch das Schulgebäude schrillt. Da kein Probealarm angekündigt war, wallt sekundelange Panik in mir auf.

„Klassenbuch!“ dröhnt es in meinem geplagten Schädel. (Nicht, dass das jetzt entscheidend gewesen wäre, aber ich trage ein Feueralarm-Klassenbuch-Trauma mit mir herum, seit ich bei meinem ersten Probealarm als richtige Lehrerin gewagt hatte, selbiges im Klassenraum zu vergessen.)

Klassenbuch geschnappt, Kinder aufgestellt, Fenster geschlossen.

 Los geht’s.

„Ich komm nicht mit!“, heult da ein Erstklässler auf und hält sich angstvoll an einem Tisch fest. „Ich komm nicht mit, da ist Feuer!“

Die anderen Kinder drehen sich um, um mitfühlend geäußerte Kommentar wie:
„Ja, Feuer ist echt gefährlich!“ bestärken den Entschluss des Kindes und seinen Willen nicht mitzukommen.

Ich weiß ja jetzt nicht, aber für pädagogisches Feingefühl fehlte mir ein wenig die Muße und so nahm ich das Kind mehr oder weniger auf den Arm.
Kein cooler Erstklässler lässt sich so mirnichtsdirnichts auf den Arm nehmen und so boxte das kleine angstvolle Wesen mich.
Nicht, dass meine Nase noch dicker hätte werden können, aber reichlich Blut hatte ich noch zu bieten........

 „Frau S. wann muss ich meine Medizin nehmen?“ fragt mich ein anderes Kind schüchtern und das ist der Punkt wo ich darum bete, dass das Wochenende beginnt......

augenBloglich 31.03.2006, 16.57 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

unsere rechte Hand ist waffenfrei

Mit ihren weißen Haaren, dem zartrosa Kostümchen und beinahe schwebend betritt die Referentin engelsgleich den
Raum.

Zwanzig Lehreraugenpaare richten sich auf jene Dame, die uns nun einen Nachmittag lang das Fördern einzelner Kinder nahe bringen möchte.

Eingequetscht auf Erstklässlerstühlen, die Beine mühsam unter die niedrigen Tische gequetscht warten wir begierig auf das, was da kommen mag.

 

„Guten Morgen“, haucht die Dame pastoral „wie schön, dass wir alle beieinander sind!“

„Schauen Sie!“ geht es nach einer kurzen namentlichen Vorstellung ihrerseits weiter „ich reiche allen Schülern morgens grundsätzlich meine rechte, die waffenfreie Hand. Damit setze ich bewusst das Zeichen für Friedfertigkeit und beuge jedem Streit vor. Wir wollen das auch einmal versuchen!“ ordert die Dame an und schüttelt beflissen jedem von uns die Hand.

„Hallo, ich bin YX, ich reiche dir meine rechte, waffenlose Hand!“

 

Bereits jetzt kann ich den pastoralen Singsang der Dame kaum ertragen, spiele das Spielchen aber mit. Man möchte sich nicht schließlich in den ersten vier Minuten als Hauptbedenkenträger zu erkennen geben.

 

„Wenn Sie jedes Kind morgens per Handschlag begrüßen, werden Sie in der Pause kaum mehr Hader und Zwist beobachten können. Denn die rechte, unsere waffenfreie Hand, gibt so bereits Ausdruck darüber, dass wir in friedfertiger Absicht gekommen sind!“

 

Ich bin aber Linkshänderin!“, wagt eine Teilnehmerin anzumerken und wird sofort mit einem unwirschen Blick gestraft.

<pastoraler Singsang on>„Sehen Sie, wenn Sie mir Ihre linke, ich Ihnen meine rechte Hand gebe, so passen diese nicht ineinander. Nur zwei rechte Hände passen wunderbar zusammen, probieren Sie es doch einfach mal aus!“</pastoraler Singsang off>

 

Neben mir summt ein Teilnehmer frei nach Grönemeyer: „....meine Faust will unbedingt in ihr Gesicht und darfs nicht.....“

 

Die ersten zehn Minuten sind um.

 

Die Dame betont, dass es wichtig für das Schulleben sei, dass jeder Kollege und jede Kollegin jedem Kind der Schule morgens die rechte – und wie wir mittlerweile ja wissen WAFFENFREIE - Hand zu reichen.

Nur so erhält das Signal eben auch Signalwirkung.

 

Ich rechne kurz aus, wann ich an der Schule sein muss, um allen 240 Kindern die Hand zu schütteln und versuche krampfhaft mir einen organisatorischen Trick einfallen zu lassen, um Engpässe an der Schuleingangstür zu vermeiden.

Und was mache ich mit den Kindern, die zur zweiten Stunde kommen?

 

Ich stelle mal – recht provokativ, ich bekenne es - die Frage: „Wie funktioniert das denn Organisatorisch?“

 

<pastoraler Singsang on>“Nun, Sie gehen raus und geben jedem Kind die Hand! </pastoraler Singsang off>

Die Dame wirkt leicht irritiert ob meiner wirklich zu blöden Frage und runzelt angenervt die Stirn.

 

„Ich schaffe es nichtmal allen 120 Kollegen die Hand zu schütteln!“ wagt ein Berufsschullehrer anzumerken und das erheiternde Lachen aller Teilnehmer verunsichert die Referentin, die zu bedenken gibt:

 

<pastoraler Singsang on>“Nun, an unserer Grundschule gibt es insgesamt immerhin auch 84 Kinder. Und dennoch regelt sich das wunderbar!“ </pastoraler Singsang off>

 

Das ist der Augenblick, in dem ich beschließe diese Fortbildung nicht mehr ernst zu nehmen.

Ich bin recht froh über die Tatsache, dass mein Stuhl unmittelbar vor einem Plätzchenteller steht und vertreibe mir die Zeit zunächst mit Plätzchenessen.

Aber, selbstverständlich werden wir direkt wieder gebeten ins Kleinkindalter zurück zu fallen, und müssen Fingerspiele nachmachen:

 

„Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen......“

 

Uns wird das Ganze dann als individuelle Förderung für LRS Kinder verkauft und ich stelle mir bildlich vor, wie ich anfänglich pubertierende Viertklässler demnächst mit „Hast nen Taler, gehst zum Makrt, kaufst ne Kuh.....!“

beglücken werde.

 

Wäre es nicht sinnvoller, im Grundschulalter auf das Sprechzeichnen zurück zu greifen?“ frage ich und ernte erneut einen bitterbösen Blick.

 

<pastoraler Singsang on>“Wir reden hier über jahrhundertlang bewährte Alternativen. Im Übrigen kann ich zum Sprechzeichnen nichts sagen, der Begriff ist mir fremd!“ </pastoraler Singsang off>

 

Die Berufsschullkollegen in unserer Runde geben zu bedenken, dass es nicht unbedingt eine berufsschuladäquate Übungsform sei, Fingerspiele mit den 16 Jährigen zu machen.

Aber so wird Ihnen erklärt:

<pastoraler Singsang on>“Fragen Sie mal, ob ihre Schüler früher gekrabbelt sind als Baby. Sind sie nicht. Alle Kinder mir LRS sind nicht gekrabbelt. Alle Kinder, die nicht krabbeln haben später Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten!“ </pastoraler Singsang off>

 

Also mein Sohn ist nie gekrabbelt und hat gerade sein Abitur mir 1,3 gemacht!“ wirft eine Teilnehmerin ein.

 

<pastoraler Singsang on>“MEIN Sohn hat das Krabbeln als Entwicklungsstufe auch übersprungen, aber er hat dafür jahrelang voltigiert und dann schließlich ein 1,1 Abitur gemacht!“ </pastoraler Singsang off>

 

Gut, dass wir das geklärt haben.

 

„Jetzt ist der Sohn wahrscheinlich schwul!“, raunt mir mein Sitznachbar zu und ich fange an kindisch zu kichern.

 

<pastoraler Singsang on>“Nun, es scheint, als bräuchten Sie wieder eine Spielsequenz!“, resümiert die Dame. </pastoraler Singsang off>

 

Wir stellen uns nun artig zu zweit gegenüber. Auf den Hacken laufen wir mit geschlossenen Augen fünf Schritte zurück, um anschließend mit geöffneten Augen wieder unserem Partner entgegen zu laufen.

Gut, ich habe jetzt ein klein wenig Probleme mit meinen hochhackigen Stiefeln auf Hacken zu laufen, aber der gute Wille allein zählt und so schwanke ich rücklings und meine Partnerin fragt mich, ob ich schon einen gehabt hätte.

Ich bekunde Gegenteiliges, gebe aber zu bedenken, dass diese Fortbildung leichter zu ertragen wäre, wenn ich doch einen gehabt hätte.

 

Das ist der Augenblick, wo die Dame mich als Hauptbedenkenträgerin und Querulantin einstuft.

Fortan werde ich sträflich ignoriert.

 

Nicht, dass mir das viel ausmachen würde.

Ärgerlich allerdings die Tatsache, dass unser Plätzchenteller schon leer ist.

 

Wir erfahren, dass die Kinder keine Körperspannung aufbauen können und üben aus diesem Grunde den Stopptanz.

Mal ganz was Neues.

 

Zwischendurch legen wir Daumen und Zeigefinger dreieckförmig an die Stirn. Pressen die Finger förmlich an die

Stirn, schließen dabei die Augen und staunen darüber, wie sehr sich die Welt verändert hat, wenn wir die Augen jetzt wieder öffnen.

 

Wir erfahren, ganz nebenbei, dass die Dame ein Buch verfasst hat.

[Mensch, und rein zufällig hat sie gleich 724 Exemplare mitgebracht, falls wir für uns und unsere Freunde....]

Es ist mir zwar schleierhaft, wieso man aus dem selbstverfassten Buch vorlesen muss und seinen Vortrag nicht frei halten kann, aber nach dem, was die Dame von sich gibt, liegt das Schreiben des Buches vielleicht auch schon ein paar Jährchen zurück. Da kann man sich wahrscheinlich nicht mehr so gut erinnern.

 

Natürlich dürfen wir auch noch in Gruppen arbeiten. Natürlich müssen wir dazu in dem Buch blättern und natürlich müssen wir Zitate liefern.

 

Nach vier Stunden habe ich folgendes gelernt:

 

  • man darf auch den letzten Keks vom Teller nehmen, wenn man sich in einer verzweifelten Lage befindet
  • die Dame hat einen schwulen Sohn mit Einserabi
  • die Dame hat acht Jahre lang Elternzeit genossen
  • die Dame arbeitet an einer Grundschule mit 84 Kindern
  • hochhackige Schuhe taugen nichts beim Hackengang
  • alle nichtkrabbelnden Kinder sind blöd
  • alle blöden Kinder sind nie gekrabbelt
  • Fingerspiele sind das Allheilmittel
  • unsere rechte Hand ist waffenfrei

 

Ich finde, dafür hat es sich gelohnt, 47 Kilometer zu fahren und einen Nachmittag zu opfern.

augenBloglich 10.03.2006, 08.32 | (6/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Arztgespräch

Nach einer durchbrochenen Nacht vor der Kloschüssel, mitunter recht hilflos ob der Entscheidung, welches Körperteil - Po oder Kopf - nun Vorrang hat, fühlte ich mich heute morgen - gelinde gesagt - wie "ausgebrochen".
Wackelige Knie, kalter Schweiß - mir war hundeelend.

So fuhr ich denn - statt zur Schule - zu meinem sehr netten Hausarzt. Dieser - sehr nette - Hausarzt weilte jedoch im Urlaub, hatte aber, vorsorglich, für eine - wenn auch weniger nette - Vertretung gesorgt.

"Setzen!", befahl mir die Dame, als ich endlich das Sprechzimmer betreten durfte. Wild auf ihrer Tastatur einhämmernd wollte sie anschließend wissen: "Was ist es bei Ihnen?"

Auschweifend, detaillgetreu und anschaulich berichtete ich nun also von meiner letzten Nacht.
Ohne jegliche Regung hämmerte die Dame weiterhin auf die Tastatur ein und herrschte mich plötzlich an: "Berufstätig?"

Dieses eine Wort allein schien mir zu implizieren, dass eine etwaige Berufstätigkeit meinerseits, verbunden mit dem Krankheitsbild, in den Augen dieser Dame wohl einem Verbrechen gleich käme.

"Ja!" wagte ich dennoch laut und deutlich zu äußern, was mir einen ersten, wenn auch kurzen und kaum erwähnenswerten Blick ihrerseits einbrachte.

"Was JA", blafft die Dame mich daraufhin an "als was?"

Nun ist es in Zeiten von Lehrerhasserbüchern ja nahezu lebensgefährlich zu seinem Lehrerberuf zu stehen und so bedurfte es selbstverständlich all meines Restmutes, um offen und ehrlich zu bekennen: "Ich bin Grundschullehrerin!"

Sofort hörte das Tastengerammel auf und erstmalig nahm die Dame mich - nicht ohne ein gewisses Stirnrunzeln - zur Kenntnis.

"Müssten Sie dann jetzt nicht im Unterricht sein?" wollte sie nun wissen und ich sah ihre Gedanken in fetten Lettern über ihre Stirn spazieren: FAULES PACK!

"Ja", wollte ich gerade ich meine Erklärung starten, als sie mich brüsk unterbrach: "Toilletten werden Sie doch an Ihrer Schule wohl haben, oder?"

Dies war der Augenblick in dem ich innerlich meine Fäuste ballte und mir ausmalte, wie es sein würde, die Dame k.o. zu schlagen. Aufgrund des mehr als schlechten Lehrerimages ließ ich dies selbstverständlich bleiben und kostete meinen Sieg nur rein gedanklich aus.

"Ich hielt es nicht für sinnvoll, heute in die Schule zu gehen!", erklärte ich und versuchte meinen hochnäsigsten aller hochnäsigen Lehrerblicke aufzusetzen.

"Das seh ich!" brüskiert mich die Dame und fängt wieder an ihre Tastatur zu bearbeiten. "Und jetzt wollen Sie einen Krankenschein. So ein bisschen Darmrumpeln und schon legt man faul die Beine hoch!"

"Nein, ich denke Sie haben Recht. Es ist sicherlich sinnvoller in die Schule zu fahren, dort alle zwei Minuten aus dem Klassenzimmer in die Toilette zu rennen. Zwischendurch vielleicht mal - so ganz als Anschauung - den Kindern vor die Füße zu brechen.....!"

"Sie sollen die Kinder ja nicht knutschen und knubbeln. Nur unterrichten!" werde ich zurecht gewiesen und dann endlich zückt die Dame ihr Stethoskop, um sich anzuhören, ob es in meinem Darm auch wirklich rumpelt.

Ich erwäge just in diesem Moment ein Arzthasserbuch zu schreiben. Verwerfe die Idee aber direkt wieder, da ich mir schon die Schlagzeilen vorstellen kann:

LEHRERIN HAT AUSREICHEND ZEIT SINNLOSEN HASSTIRADEN GEGEN EHRBAREN BERUF AUSDRUCK ZU GEBEN

"Vomex!", erklärt mir die Dame knapp und entlässt mich mit einer vagen Geste Richtung Tür.

Die Arzthelferinnen sind so freundlich mir das Rezept auszuhändigen. Meine Nachfrage nach meiner heutigen Krankschreibung wird mit einem Achselzucken abgetan.

Langsam und müde trabe ich die Treppen hinunter.
Draußen auf der Straße übergebe ich mich ins nächstbeste Gebüsch.
Ich faules Pack!









augenBloglich 14.02.2006, 09.31 | (9/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

immer einen Ausrutscher wert

Es macht sich ziemlich klasse, wenn man einen vollbesetzten Seminarraum - zur Hälfte mit Gymnasiallehrern gefüllt, vor denen wir kleinen Grundschullehrerinnen eh vor Ehrfurcht erstarren - mit einem uneleganten Stolperer über die eigenen Beine betritt, dabei die Tasche fallen lässt, aus der sämtliche wichtigen und unwichtigen Kleinigkeiten herauspurzeln und mit einem lauten Getöse zu Boden stürzt.

Ich denke, das allein hätte vielleicht nicht dafür gesorgt, dass sich allen Teilnehmern mein Name einprägt, aber mir ist es doch glatt gelungen, beim Aufstehen noch eine Tasse Milchkaffee vom Tisch zu reißen, deren Inhalt sich über die vorbereiteten Scripte des Tages ergoss.

Ich stelle mich äußerst gerne mit schamesroten Kopf und lädierter Kleidung in illustrer Runde vor.
Der Eindruck, den man hinterlässt ist irgendwie so prägend.

Da macht es dann auch nicht mehr viel, dass nach einer angemessenen Vergessenszeit ein anderer Teilnehmer quer durch den Raum schreit:

"Frau Sch., ist das ihr Tampon, der hier unter meinem Tisch liegt?"

Ich befürchte, die Tatsache, dass es tatsächlich nicht meiner war, hat mir niemand geglaubt.



augenBloglich 28.01.2006, 17.53 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Rätsel der Menschheit

Heute saß ich also vergnügt in der Sauna und belohnte somit meine ohne Klagen und beinahe mit einem Lächeln versehene Trainingsrunde.
Es waren vielleicht noch drei, vier andere Frauen in der Sauna, als mit einem Male eine junge Frau die Sauna betrat.
Ich wunderte mich ein wenig darüber, dass sie ein Bikini Unterteil aus großen Pailletten trug und sah, dass sie irgendwas in Händen hielt.

Ohne Brille und kontaktlinsenlos bin ich aber recht blind und konnte nicht erkennen, was sie da alles mit in die Sauna brachte.
Die Damen über, unter und neben mir salbten sich bereits wieder mit Honig ein, ein Vorgang, der mir persönlich nach wie vor die Nackenhaare aufstellt.

Froh darüber, dass alles aus meinen Poren herausschwemmt, was da nicht wirklich hingehört, käme ich nie auf die Idee, selbige Poren mit dieser eklig, klebenden Honigmasse zuzupropfen.

Nun gut. Die junge Frau kam neben mir zu sitzen und ich überlegte noch kurz, ob ich sie darauf hinweisen sollte, dass ihre Pailletten am Intimbereich mitunter heiß werden könnten.
Ich rüffelte mich aber direkt selbst, schließlich muss man ja nicht immer und überall den Oberlehrer heraus hängen lässen.

Völlig fasziniert - und mindestens ebenso ungeniert - sah ich zu, wie die Frau sich Wattebäusche zwischen die Zehen stopfte und anfing, ihre Fußnägel zu lackieren.

Nun gehöre ich ja der Zunft der Unlackierenden an. Erstens, weil ich es hässlich finde, zweitens, weil es mir zu viel Gehibbel ist.
Dies jedoch hielt mich nicht davon ab, weiterhin irritiert starrend zu schauen, was da als nächstes passieren würde.

Zunächst geschah nichts weiter, als dass sich ein unmutiges Raunen im Raume breit machte.
Gut, ich wäre auch nicht auf die Idee gekommen, mir während eines Saunagangs die Nägel zu lackieren, aber andere Menschen lesen vermutlich auch kein Buch auf der Toilette.
Wer bin ich also, um den ersten Stein zu werfen?

Was mich am meisten an der ganzen Prozedur beeindruckte, war das zwischenzeitliche Zehenwackeln der Frau.
Sie lackierte einen Fußnagel und dann wackelte sie mit eben diesem Zeh geschwind herum.
Das hatte was, wirklich.

Die Dame über mir entrüstete sich erstmalig, als der erhitzte Nagelnack zu stinken begann:
"Meinst du, das ist der richtige Ort zum Nägellackieren?", schnauzte sie und erhielt die Antwort: "Steht hier irgendwo, dass ich mir nicht die Nägel lackieren darf?"

So betrachtet hatte die Gute recht, andererseits stand auch nirgendwo: Bitte nicht furzen! und dennoch hielten sich alle an das stille Gebot.

Kritisch wurde es, als das Nagellackfläschchen kippte. Es kippte nämlich sehr ungünstig und zwar so, dass sich der blaue Inhalt auf meinem Handtuch ergoss.

Ich muss gestehen, mich verstimmte das ziemlich und ich äußerte unmutig:
"Na prima!"
Die Ironie jedoch prallte gänzlich an der Lackierenden ab, sie meckerte:
"Scheiße, jetzt ist der Lack futsch!"

Auch hierbei ist alles durchaus nur eine Sache der Perspektive. Ich befand nun, meine Toleranzgrenze war überschritten. [Wenn ich auf dem Klo ein Buch lese, schädige ich wenigstens niemanden!]

Also drückte ich der Dame mein besifftes Handtuch in die Hand und bat sie darum, es mir beim nächsten Training doch bitte wieder sauber mitzubringen.
Übrigens sagte ich das ausgesprochen höflich.

Das Handtuch flog mir entgegen und dazu ein:
"Hau ab mit dem Dreck!"

Daraufhin wurde es den Mitsaunierenden zu dumm und sie keiften und zeterten und befanden mich im Recht.

Meine schöne Grundentspannung war dahin und ich zog es vor, meines Weges zu ziehen.

Und was habe ich nun aus dieser kleinen Lebensepisode gelernt?

1. Das Verhalten mancher Mitmenschen gibt mir Rätsel auf!
2. Nagellack auf feuchtem Handtuch stinkt und es bleiben eklige Flecken!
3. Ich weiß schon, warum ich zu den Unlackierenden gehöre!






augenBloglich 22.01.2006, 19.35 | (3/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Tomeita

"Du, kennste Tomeita?", fragt mich ein knapp Achtjähriger und ich verneine. Gleichzeitig wüsste ich gerne: "Was ist denn das?"

"Tomeita ist voll cool. Da kannste so spielen und schießen und hüpfen. Kennste doch, die Frau mit den großen Brüsten."

augenBloglich 19.01.2006, 15.53 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

angebettelt

Als ich gestern unsere Mädel von ihren Großeltern abholte, klingelte es dort an der Tür.

Es wurde geöffnet und ich hörte:

"Hören Sie mal, Sie sind heute schon der Vierte. Ich kann wirklich nicht jedem etwas geben. Das führt zu weit!"

Neugierig sah ich aus dem Fenster, sah einen furchtbar heruntergekommenen Mann. An seiner Seite ein kleines Mädchen, kaum gegen die Kälte geschützt, vielleicht acht oder neun Jahre alt.

Das aufgedunsene Gesicht des Mannes sah elend aus, in seiner Hand eine Weinflasche.

Das Mädchen starrte verloren auf den Boden.

Während ich noch aus dem Fenster schaute, sichtlich erschüttert, sprudelte es neben mir:

"Das ist schon der Vierte. Den ersten beiden haben wir etwas gegeben, aber wenn jetzt alle paar Minuten wer klingelt. Wo soll das hinführen?"

Ja,  dachte ich, wo führt das hin?

Wo führt es Vater und Tochter hin?

Was kann man tun, um zu helfen, ohne in Uferlosigkeit zu versinken.

Mich hat das erschüttert. Wie muss es einem Menschen gehen, der wahllos an Haustüren anklingelt, andere Menschen um Hilfe bittet, abgewiesen wird?

Wie behält man seine Würde? Wie erträgt man das?

Natürlich kann man nicht jedem etwas geben, nicht allen Menschen helfen.

Natürlich verstehe ich, dass es lästig wird, klingeln vier Menschen nacheinander an......

Wie weit ist es gekommen, dass Menschen sich so erniedrigen müssen?

Und wohin soll es führen?

Das ist die Frage, die bleibt.

Und große Hilflosigkeit. Das Gefühl, sich schämen zu müssen ob der eigenen warmen Wohnung, dem Gutgehen.

Das Bild dieses Kindes, das verloren den Boden anstarrt lässt mich nicht los.

Ich frage mich, warum ich die beiden nicht herein gebeten habe. Auf einen warmen Kakao, eine kleine Mahlzeit?

Weil es zu weit führt?

Weil wir nicht wissen wohin das führt?

Aus Angst?

Feigheit?

Ein klitzekleines Augenblickserlebnis. Es lässt mich nicht los. Es holt mich ein. Erschüttert und stellt infrage.

Mich und das, was um mich herum geschieht.

augenBloglich 18.01.2006, 12.44 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Fettnäpfchenorden

Gäbe es einen Fettnäpfchenorden, so wäre ich durchaus prädistiniert dafür.
Man stelle sich vor, es ist ein beliebter christlicher Feststag. Man stelle sich weiterhin vor, das eigene Kind hat Geburtstag und das Haus ist voller Gäste.
In all dem Trubel bekommt man nun einfach mal nicht mit, dass ein nahestehender Gast dem eigenen Kinde etwas Unabgesprochenes schenkt.

So weit so gut.
Nun also komme ich ins Spiel.

Beim trauten Kaffeetrinken kommt - irgendwie - die Rede auf Diddl. Nun bin ich ja bekennende Diddl Nichtmögerin und lautstark und in aller Ausführlichkeit bekunde ich nun der trauten Runde meine Ablehnung.

Wer mich kennt, weiß, dass ich das sehr vehement kann - meine Abneigung bekunden.
Zudem, so fürchte ich, neige ich dazu, mich sehr in solche Diskussionen und meinerseitigen Ausführungen hinein zu steigern.

Im Grunde kein Problem. Im Grunde.
Nur war es - leider - so, dass an dem besagten Tage, in der besagten Runde, an dem besagten Geburtstag mein Kind ein - immer noch nicht abgesprochenes - Diddl Geschenk erhalten hatte.

Ich kann es dem Schenkenden nicht verübeln, dass er sichtlich betroffen reagierte, anbot, das Geschenk zurück zu bringen und im folgenden schweigsam unserer trauten Runde beiwohnte.

Ein typischer Fall von Fettnapf würde ich sagen.
:-(




augenBloglich 30.12.2005, 09.14 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Drecksdiktate

Es hatte nicht unbedingt etwas Cleveres an sich, die 21 großen Diktathefte tütenlos unter den Arm zu klemmen. Und so kam es, wie es kommen musste.
Rutscht eines, rutschen alle.
Schön, wenn man morgens um 7.30 Uhr bäuchlings auf dem Lehrerparkplatz liegt, um wild herumflatternde Hefte aus dem Schlamm und Blättermatsch unter dem eigenen Auto hervorzuziehen.

Es hat auch nur ca. zwei Stunden gebraucht, ehe ich alle Hefte wieder gesäubert und hergerichtet habe.
Von Vorteil war die Tatsache, dass ich - bei den Kindern - sehr viel Wert auf Ordentlichkeit lege.
Alle Hefte waren hübsch beumschlagt, so dass sich der Dreck einigermaßen gut abwischen ließ.

Trotzdem bin ich den Kindern nun etwas schuldig.
Allein der Anblick meiner Person im Dreck unter dem Auto hätte sie wahrscheinlich entschädigt.
Doch dankbare Dämmerung umfing mich.
;-)

augenBloglich 19.12.2005, 16.32 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Gottesdienst

Mein Kind war heute eine Kerze.
Eine bezaubernde, dritte Adventkerze. Mit Kerzendeko am Kopfe schritt sie anmutig mit ihren Kindergartenfreunden als Adventkranz durch die Kirche.

Auf der Fahrt zur Kirche teilte sie uns mit, dass sie eigentlich eine grüne Hose anhaben müssen. Zu diesem Zeitpunkt traf uns die Information ein klein wenig zu spät, so dass unser Kind blaubejeanst kerzte.

Vielleicht bin ich ein wenig konservativ, ich weiß nicht recht, aber die Tatsache, dass mitten während einer Taufe - kurz nach dem denkwürdigen Tanze - das Handy des Taufpapas klingelte und dieser - immer noch mitten in Kirche und Gottesdienst - erstmal eine Runde telefonierte und dadurch seinen Einsatz verpasste und sein "ja" zu spät bzw. gar nicht von sich gab, irritierte mich doch sehr.

Auch Sophia wunderte sich und ihre - eigentlich gar nicht soooo laut gesprochenen Worte - hallten durch die Kirche:
"Mama, warum telefoniert der Mann detz?"

Manchmal fallen selbst mir keine brauchbaren Antworten ein.

augenBloglich 18.12.2005, 12.52 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Internes
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Marie
Toll, dass Du wieder bloggst!
Ich wünsche Dir ein frohes neues Jahr und hoffe, ich lese Dich nun wieder regelmäßig!
2.1.2015-4:56
Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25